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Begriff Erklärung
Absolutes Gehör

Die Fähigkeit, Tonhöhen ohne einen zuvor gehörten und benannten Referenzton korrekt zu benennen. Frühes musikalisches Training vor dem Alter von 9 Jahren scheint die Ausbildung des absoluten Gehörs zu fördern. Darüber hinaus ist eine genetische Komponente für den Erwerb des absoluten Gehörs von Bedeutung.

Achromatopsie

Seltene Störung der visuellen Wahrnehmung, bei der es zu völliger Farbenblindheit kommt. Ursache: entweder Ausfall der Zapfen-Photorezeptoren in der Netzhaut (Stäbchenmonochromasie) oder Läsionen des visuellen Kortex (zerebrale Achromatopsie).

Adaptation oder motorisches Lernen

Optimierung einer spezifischen visuomotorischen Transformation. Wichtige Beispiele sind die Adaptation der Sakkadenamplitude oder des Verstärkungsfaktors des vestibulookulären Reflexes.

Afferenzen

Alle Zuflüsse neuronaler Information zum zentralen Nervensystem (ZNS). Im engeren Sinne: alle Erregungen, die aus der Peripherie dem ZNS zugeleitet werden.

Agnosie

Durch Hirnschädigung bedingte Störung des Erkennens bei erhaltener primärer Wahrnehmung. In Abhängigkeit von der Sinnesmodalität der betroffenen Wahrnehmungen werden visuelle, akustische, taktile, olfaktorische etc. Agnosien unterschieden.

Agnosie von Objektorientierungen

Durch Hirnschädigung bedingtes Unvermögen, die Orientierung von Objekten zu bestimmen, obwohl diese Objekte einwandfrei identifiziert werden können.

Agrammatismus

„Telegrammstil“. Vereinfachte Satzkonstruktionen, die aus Einzelwörtern bzw. einer Aneinanderreihung von einzelnen Inhaltswörtern bestehen; eine Differenzierung nach grammatischen Relationen ist häufig nicht erkennbar; fehlende oder abweichende Funktionswörter und Flexionsformen

Akalkulie

Mehr oder weniger ausgeprägte Beeinträchtigungen beim Rechnen und im Umgang mit Zahlen sowie im konzeptuellen Verständnis von mathematischen Gegebenheiten in Folge einer erworbenen Hirnschädigung.

Akinetopsie

Beeinträchtigung oder Unfähigkeit, visuelle Bewegung wahrzunehmen (visuelle Bewegungsblindheit).

Aktionspotenzial

Kurzzeitige Umpolarisation des Membranpotenzials von Neuronen, die entlang des Axons fortgeleitet wird, in der Axonterminale die Freisetzung von Neurotransmittern nach sich zieht und damit die Grundlage für die Beeinflussung benachbarter Neurone schafft. Die Umpolarisation ist im Wesentlichen Folge der vorübergehenden Öffnung eines Natriumkanals, über den positiv geladene Natriumionen in das Innere des Neurons einströmen können.

Alexie

Bezeichnet die durch eine Hirnschädigung verursachte komplette Störung der Fähigkeit zu lesen. Die Störung kann als Alexie ohne Agraphie („reine“ Alexie; früher: „Wortblindheit“) oder als Alexie mit Agraphie auftreten. Bei der reinen Alexie handelt es sich um eine Diskonnektionsstörung durch Läsion im visuellen Kortex des linken Okzipitallappens (und dadurch bedingter Hemianopsie nach rechts) und (subkortikaler) Läsion des posterioren Anteils des Corpus callosum. Der Alexie mit Agraphie liegt eine kortikale Läsion des Gyrus angularis zugrunde.

Allozentrisch; Allozentrische Bezugssysteme

Bezugssysteme, die nicht von der aktuellen Position oder Orientierung des Betrachters abhängen, bezeichnet man als allozentrisch („fremdzentriert“) und stellt sie damit à egozentrischen Bezugssystemen gegenüber, die den Betrachter selbst, oder einzelne seiner Organe, ins Zentrum stellen. Allozentrische Bezugssysteme sind z. B. Weltkoordinaten, die auf einen fixen Ursprung und eine durch weitere Landmarken festgelegte Richtung bestimmt sind. Viele Objekte besitzen ein intrinsisches Koordinatensystem; steht eine Person etwa „vor“ einem Stuhl, so bedeutet das in bestimmten Kontexten, dass sie näher an der Sitzfläche als an der Lehne steht. Dreht man den Stuhl herum, so steht sie in diesem Sinne jetzt „hinter“ dem Stuhl, ohne dass Stuhl oder Person ihre Position verändert hätten. Ebenfalls betrachterunabhängig sind relationale Lokalsierungen, die ganz ohne Referenzsystem auskommen (koordinatenfrei) und nur lokale Abstände und Winkel spezifizieren. Der Begriff „allozentrisch“ ist in diesem Fall irreführend, weil eben kein Zentrum festgelegt wird.

Alt-Jung-Funktion

Wichtige Analysemethode, bei der Reaktionszeiten alter Probanden als Funktion der Reaktionszeiten junger Erwachsener aus entsprechenden Bedingungen ausgedrückt werden, um zwischen unspezifischen und bedingungsspezifischen Alterseffekten zu unterscheiden.

Alzheimer-Demenz

Demenzsyndrom, dessen neuropathologische Merkmale Neurofibrillen und Amürdig yloid-Plaques sind.

Amusie

Störungen der Musikverarbeitung meist nach Hirnläsionen, selten angeboren als „kongenitale Amusie“. Rezeptive Amusie bezeichnet eine Störung der Musikwahrnehmung; expressive Amusie eine Störung der musikalischen Produktion.

Amyotrophe Lateralsklerose

Neurodegenerative Erkrankung des 1. und 2. Motoneurons, die zu fortschreitender Lähmung führt. Auch andere Neurone sind betroffen. Patienten, die sich künstlich beatmen lassen, können in den Locked-in-Zustand geraten.

Anopie, Anopsie

→ zerebrale Blindheit

Anosognosie

Das mit einer umschriebenen Hirnschädigung einhergehende, pathologische Nichterkennen einer offensichtlich bestehenden Halbseitenlähmung, kortikalen Blindheit, Hemianopsie oder Taubheit. Es scheint, als ob den Patienten das Bewusstsein für ihre Erkrankung fehlen würde.

Anterograde Amnesie

Unfähigkeit, neue Reize bewusst langfristig so zu speichern, dass sie später wieder bewusst abgerufen werden können.

Anton-Syndrom

Historischer, nur noch selten gebrauchter Begriff für eine → Anosognosie für kortikale Blindheit.

Aphasie

Erworbene Sprachstörung, die als Folge einer (meist) linkshemisphärischen Hirnschädigung auftritt und bei der alle sprachlichen Verarbeitungsmodalitäten betroffen sind, also das Sprechen und Hören (Lautsprache), das Lesen und Schreiben (Schriftsprache). Je nach Art, Ort und Ausmaß der Hirnschädigung sind die verschiedenen Komponenten des Sprachsystems (Phonologie, Lexikon, Syntax, Semantik) in unterschiedlicher Weise beeinträchtigt.

Aphemie

Von Broca (1861) verwendete Bezeichnung für den vollständigen Sprachverlust (→ Aphasie) nach Schädigung der linken, sprachdominanten Großhirnhemisphäre. Heute wird der Begriff für die Bezeichnung zerebraler Artikulations- oder Sprechstörungen verwendet.

Apperzeptive Agnosie

Variante der visuellen Agnosie, bei der die Rekonstruktion der zusammenhängenden Objektstruktur misslingt.

Apraxie

"Motorische Fehlhandlungen, die weder auf ""elementare"" motorische Probleme noch auf mangelhaftes Verständnis der Aufgabe zurückgeführt werden können. Charakteristisch ist, dass einseitige, vorwiegend linkshirnige Läsionen, beidseitige Fehlhandlungen verursachen. Der Kernbereich des Apraxiebegriffs sind Störungen des Imitierens, der Ausführung von bedeutungsvollen Gesten auf Aufforderung und des Werkzeug- und Objektgebrauchs."

Arbeitsgedächtnis

Oberbegriff für eine Menge von verbundenen Gedächtnissystemen bzw. Gedächtnisprozessen, die der kurzzeitigen Aufrechterhaltung und Manipulation von nicht mehr in der Umwelt zur Verfügung stehenden Informationen dienen. Prozesse des Arbeitsgedächtnisses machen Information kurzfristig für weitere Verarbeitung verfügbar. Das Arbeitsgedächtnis stellt eine hochgradig generelle Ressource des kognitiven Systems dar, die für zahlreiche verschiedene Aufgaben erforderlich ist. Die Information geht verloren, wenn sie nicht innerhalb von Sekunden erneut durch Verwendung aktiviert wird, und muss dann aus dem Langzeitgedächtnis rekonstruiert werden.

Asomatognosie

Anosognosie für Halbseitenlähmung (→ Anosognosie), bei der die Patienten leugnen, dass die betroffene Extremität zu ihnen gehört. Solche Patienten versuchen manchmal, die gelähmte Extremität aus dem Bett zu schieben.

Assembly

Zellverband aus vielen synchron aktiven Neuronen, der Informationen codiert.

Assoziationsdefizit- Hypothese

Hypothese, dass ältere Erwachsene ein besonderes Problem damit haben, neue assoziative Verbindungen zwischen Konzepten herzustellen.

Assoziative Agnosie

Variante der Agnosie, bei der die Objektstruktur keinen Anschluss an das im semantischen Gedächtnis gespeicherte Wissen über das Objekt findet.

Asymbolie

Auffassung, dass bei Patienten mit Aphasie nicht bloß die Sprache, sondern allgemein die Fähigkeit, Zeichen zu bilden und zu verwenden, beeinträchtigt ist.

Asymmetrie des Gehirns

Bezeichnung für die anatomische und vor allem funktionelle Ungleichheit der beiden Großhirnhemisphären. Besonders deutlich wird dies bei der Dominanz der linken Hemisphäre für Sprache bei über 95% der Rechtshänder und 70% der Linkshänder.

Auditive Agnosie

Unfähigkeit, Geräusche oder Sprachlaute zu erkennen, obwohl die Hörfähigkeit nicht erloschen ist.

Aufgabenspezifische Dystonie

→ Dystonie, fokale

Außerkörperliche Erfahrung

Erlebnis einer Trennung von Körper und Selbst.

Autoskopische Halluzination

Visuelle Halluzination des eigenen Körpers (ohne Selbstverdoppelung).

Autotopagnosie

Störung, bei der Patienten nicht im Stande sind, am eigenen oder einem anderen menschlichen Körper auf verbale Aufforderung oder auch in Imitation einzelne Körperteile zu zeigen, obwohl sie dieselben Körperteile erkennen und benennen können, wenn sie vom Untersucher gezeigt werden.

Bálint-Holmes-Syndrom

Die nach beidseitigen Läsionen des parietookzipitalen Kortex auftretende Kombination von → Simultanagnosie, Blickbewegungsstörungen, Störung der räumlichen Orientierung und ? optischen Ataxie.

Bálint-Syndrom

→ Bálint-Holmes-Syndrom

Basalganglien

Mit dem Begriff werden Striatum, das aus Nucleus caudatus und Putamen besteht, und Pallidum, das in ein äußeres und in ein inneres Segment unterteilt werden kann, zusammengefasst. Funktionell werden auch die Substantia nigra und der Nucleus subthalamicus dazugezählt. Funktionell stehen sie in engem Zusammenhang mit dem präfrontalen Kortex.

Belohnungssystem

Unter dem Begriff des Belohnungssystems werden die Schaltkreise zusammengefasst, deren Aufgabe die Beurteilung des Belohnungswertes von Verhaltensleistungen ist. War eine spezifische Verhaltensleistung nützlich oder eher abträglich für den Organismus? Eine Verhaltensleistung ist dann nützlich, wenn sie den Organismus belohnt, indem sie Bedürfnisse wie etwa Hunger oder Durst befriedigt.

Beschäftigungskrampf

→ Dystonie, fokale

Bewegungskontrolle

An der Kontrolle von Bewegungen sind zwei Mechanismen beteiligt: Die „open-loop control“ (ermöglicht die schnelle Ausführung von Bewegungen unabhängig von Feedback) und die „closed-loop control“ (ermöglicht die adaptive Steuerung von Bewegungen anhand des eintreffenden Feedbacks). Meist arbeiten die Mechanismen bei der Bewegungssteuerung zusammen.

Bewegungszeit

Zeit, die zwischen dem Beginn und dem Ende einer Bewegung verstreicht. Indikator für die Information, die eine Person verarbeiten muss, um eine Bewegung auszuführen.

Biased-Competition-Modell

Ein Erklärungsmodell für selektive Aufmerksamkeit, das postuliert, dass die Repräsentationen multipler Reize um Zugang zu begrenzten Aufmerksamkeitskapazitäten konkurrieren.

Bildgebende Verfahren

Im engeren Sinne wird damit meist bezeichnet: die funktionelle Kernspintomografie (fMRT), die Positronenemissionstomografie (PET) und die Magnetenzephalografie (MEG). Aber auch die transkranielle Magnetstimulation (TMS) und z .B. die EEG-Kohärenzanalyse werden manchmal dazu gerechnet.

Bindungsproblem

Problem der Integration von Information, die verteilt in einem neuronalen System bearbeitet wird.

Binokulärer Wettstreit

Widersprüchliche Wahrnehmungssituation, die dann auftritt, wenn den beiden Augen sehr unterschiedliche Reize dargeboten werden. In diesem Fall erfolgt die Wahrnehmung alternierend jeweils nur durch eines der beiden Augen.

Biologische Bewegung

Bewegung biologischer Objekte und insbesondere artikulierte Körperbewegung. Solche Bewegungen können anhand von stark vereinfachten visuellen Stimuli erkannt werden, die z. B. nur die Bewegung der Gelenke als Punktmuster zeigen.

Blindsehen

Die Fähigkeit von Patienten mit retrogenikulär verursachtem Gesichtsfeldausfall, statistisch signifikant auf Sehreize zu reagieren, die sie nicht bewusst sehen.

BOLD-Kontrast

Blood Oxygenation Level Dependent Contrast. Ein Kontrast, der auf den unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften von Oxy- und Desoxyhämoglobin beruht. Der BOLD-Kontrast ist ein guter indirekter Marker für neuronale Aktivität in einer Gehirnregion und wird bei der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) genutzt.

Bottom-up-Effekte

Der Einfluss, den physikalische Aspekte sensorischer Reize auf das Aktivitätsniveau sensorischer Neurone in der Großhirnrinde haben. So bewirkt z. B. steigender Kontrast eines visuellen Reizes im Allgemeinen eine erhöhte Aktivierung kortikaler Neurone.

Brain Computer Interface (= Gehirn-Computer-Schnittstelle)

Verbindungen zwischen Gehirn und Computer, die dazu eingesetzt werden können, verlorene motorische Funktionen zu ersetzen und neurologische oder psychiatrische Störungen zu behandeln. Sie ermöglichen, die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen und in Echtzeit zurückzumelden

Closed-Loop Control

→ Bewegungskontrolle

Corpus geniculatum laterale

An der Hinterseite des Thalamus gelegener Teil des Zwischenhirns. Erste Umschaltstation für visuelle Signale aus der Netzhaut (Retina). Filterung und Modifikation der Signale, u. a. in Abhängigkeit vom Wachheitszustand

Crowding-Effekt

Eingeschränkte Funktionalität originär rechtshemisphärischer Funktionen, die durch eine „Verdrängung“ dieser Funktionen durch Sprache im Fall von früh in der Entwicklung auftretenden, linkshemisphärischen Läsionen entsteht.

Deafferenzierung

Durch Operationen, Verletzungen oder Erkrankungen ausgelöste starke Beeinträchtigung der afferenten, somatsosensorischen Leitungsbahnen. Zustand, in dem keine oder nur noch wenige somatosensorische Informationen in das Gehirn gelangen.

Delir

Kombination von Bewusstseins- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie Defiziten kognitiver Funktionen und/oder der Sinneswahrnehmung durch eine diffuse Hirnfunktionsstörung. Im deutschen Sprachraum häufig als „Verwirrtheitszustand“ bezeichnet, wobei dann der Begriff „Delir“ auf Kombinationen mit vegetativer Entgleisung bei Substanzmissbrauch und endokrinen Krisen beschränkt verwendet wird.

Demenz

Erworbene Beeinträchtigung des Gedächtnisses in Kombination mit Defiziten in mindestens einer weiteren kognitiven Domäne aufgrund einer (zumeist degenerativen) Hirnerkrankung. Die kognitiven Defizite verursachen eine bedeutsame Beeinträchtigung der sozialen und ggf. beruflichen Funktionen. Sie stellen eine deutliche Verschlechterung gegenüber einem früheren Leistungsniveau dar. Im Gegensatz zum Delir sind Bewusstsein und Wachheit nicht beeinträchtigt.

Demenz mit Lewy-Körpern

Demenzsyndrom, dessen neuropathologische Merkmale diffuse Lewy-Körper in den kortikalen Arealen sind.

Deuteranopie

Genetisch bedingte Störung des Farbensehens, bei der ein Teil der Zapfen in der Netzhaut (die Grün-Zapfen) ausfällt. Es sind dann nur Rot- und Blau-Zapfen vorhanden. Es kann auch zu einer verringerten Anzahl an Grün-Zapfen kommen, was sich als Rot-Grün-Schwäche manifestiert und als Deuteranomalie bezeichnet wird.

Diaschisis

Konzept, das besagt, dass die Schädigung eines Hirnteils die Funktion anderer, z. T. weit entfernt liegender, strukturell intakter Hirnteile beeinträchtigt („Fernwirkung der Läsion“). Grundlage des Diaschisiseffekts ist nach dieser Vorstellung die Beeinträchtigung der exzitatorischen oder inhibitorischen Projektionen zwischen den Arealen.

Diffusionstensorbildgebung (DTI)

Kernspintomografische Technik, mit der die Hauptrichtung der Diffusion in verschiedenen Gehirnarealen geschätzt werden kann. Diese Hauptdiffusion ist eine gute Näherung für die Hauptrichtung des Faserverlaufs in der weißen Substanz des Gehirns.

'Disengagement' Defizit

Eine nach unilateraler Hirnschädigung auftretende Störung der Lösung der Aufmerksamkeit vom jeweiligen Fokus (und der Verlagerung der Aufmerksamkeit zu einem kontraläsionalen Fokus)

Diskonnektionsstörung

Störungen kognitiver Funktionen, die nicht auf Schädigungen in kortikalen Hirnarealen (Assoziationskortex) beruhen, sondern durch die Unterbrechung der neuronalen Verbindungen zwischen diesen Arealen, z. B. den Kommissurenfasern des Corpus callosum (→ Split-Brain-Patienten) oder den Faserverbindungen des Fasciculus arcuatus hervorgerufen werden. Die Art der Diskonnektions- oder Leitungsstörung, z. B. reine → Alexie, → visuelle Objektbenennungsstörung oder unilaterale Apraxie, wird durch den anatomischen Ort der Läsion bestimmt.

Distanzeffekt

Zwei (ganze, positive, ein- oder zweistellige) Zahlen (oder Zahlwörter, Punktmengen) sind umso leichter/schneller hinsichtlich ihrer numerischen Größe zu vergleichen, je größer ihre numerische Differenz ist; dasselbe gilt für den Vergleich einer Zahl mit einer Standardvergleichszahl.

Dopamin

Neurotransmitter aus der Gruppe der Katecholamine, der von Neuronen des Mittelhirns (Substantia nigra) eingesetzt wird. Dopamin vermittelt als Teil des → „Belohnungssystems“ Informationen über den erwarteten und erfahrenen Nutzen von Verhaltensleistungen.

Doppelgängererlebnis

→ Heautoskopie

Dorsaler Pfad

Kortikaler Verarbeitungspfad visueller Information, der in der primären Sehrinde beginnt und sich in den Parietalkortex erstreckt. Es werden vor allem räumliche Aspekte eines visuellen Reizes verarbeitet (Wo-System).

Dorsales und ventrales visuelles System

Zwei funktional und anatomisch spezialisierte Verarbeitungspfade visueller Information im menschlichen Gehirn, die auf räumliche und visuomotorische (parietale Route) bzw. objekt- und gesichterspezifische Merkmale (temporale Route) der visuellen Informationsverarbeitung spezialisiert sind.

Dual-Route-Modell der Handlungssteuerung

Annahme von zwei parallelen Pfaden, über die visuelle Information die Bewegungsausführung beeinflussen kann: Mittels einer direkten visuellen (oder pragmatischen) Route werden automatisch Bewegungen aktiviert. Mittels einer semantischen Route werden zuerst mit den Wahrnehmungen verbundene Wissensinhalte aktiviert, die dann wiederum assoziierte Bewegungen aktivieren.

Duplex-Theorie des Richtungshörens

Zur Bestimmung der horizontalen Position einer Schallquelle nutzt das auditive System → interaurale Zeitdifferenzen und → interaurale Pegeldifferenzen innerhalb unterschiedlicher Frequenzbereiche. Interaurale Zeitdifferenzen in der Feinstruktur der Schallwellen kann das Hörsystem nur bei tiefen Frequenzen genau genug analysieren, während der Schallschatten des Kopfes nur im hochfrequenten Hörbereich ausreichend große Pegeldifferenzen produziert.

Dynamik

Beschreibung der Kräfte bzw. Drehmomente, die nötig sind, um Objekte wie etwa die Hand oder andere Körperteile zu bewegen. 

Dysarthrie

Durch eine Schädigung des zentralen oder des peripheren Nervensystems verursachte Störung der Ausführung von Sprechbewegungen. Die wichtigsten Pathomechanismen der Dysarthrien sind Parese (schlaff, spastisch), Hypokinesie und Rigidität, Ataxie, Dyskinesie/Dystonie und Tremor. Patienten mit Dysarthrie sprechen meist verlangsamt und sind meist schwer verständlich.

Dysgraphie

Erworbene Störung des Schreibens bei prämorbid routinierten Schreibern.

Dyskalkulie/Entwicklungsdyskalkulie

Von (früher) Kindheit an bestehende Teilleistungsschwäche im Rechnen und im Umgang mit Zahlen bei ansonsten typischem Entwicklungsverlauf mit im Normalbereich liegenden anderen Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Dyslexie

Erworbene Störung des Lesens bei prämorbid geübten Lesern.

Dysmetrie

Abweichung der Amplitude und/oder Richtung der Bewegung eines Effektors (Auge, Hand etc.) vom eigentlich nötigen Maß. Die Bewegung greift zu kurz (Hypometrie) oder zu weit (Hypermetrie), weshalb nach Abschluss einer ersten Bewegung Korrekturen folgen müssen. 

Dystonie, fokale

Auf einen Ort/eine Extremität beschränkter Verlust des muskulären Grundtonus. Die motorische Dysfunktion ist vermutlich durch ständiges, intensivstes Wiederholen von stereotypen Bewegungsabfolgen begründet. Sie bezieht, z. B. bei der Hand den Verlust der Kontrolle über die Motorik individueller Finger ein. Beim Musikerkrampf etwa verkrampfen sich beim Spielen des Instruments ein oder mehrere Finger, rollen sich in die Handfläche und lassen keine unabhängigen Bewegungen mehr zu. Ähnliches gilt für den Typistenkrampf, der Computeranwender heimsuchen kann. Fokale Dystonien beginnen meist im Erwachsenenalter, behindern die Berufsausübung oder führen zur Berufsunfähigkeit.

Echo Planar Imaging (EPI)

Sehr schnelle Methode der Bildaufnahme bei der funktionellen Kernspintomografie (fMRT). Mit dieser Technik ist es möglich, Aufnahmen des ganzen Kopfes in ca. 2 s anzufertigen.

EEG

→ Elektroenzephalografie.

Efferenzkopie

Kopie der an ein Körperglied gesendeten Muskelkommandos; wird bei jeder Bewegung automatisch erzeugt.

Egozentrisch; Egozentrisches Bezugssystem

Beobachter-zentriert. Mittelpunkt/Anker eines egozentrischen Bezugs- bzw. Koordinatensystems ist der (Standpunkt des) Beobachter(s).

Einfache visuelle Reizerscheinungen

Sehen von einfachen (unbunten oder bunten) Formen oder Mustern ohne externen Reiz, die durch pathologische neuronale Entladungen in den frühen visuellen kortikalen Arealen hervorgerufen werden.

Elektrische Stimulation

Künstliche Aktivierung von Neuronen und Neuronengruppen durch Zufuhr elektrischen Stroms. Heutzutage in Form der Mikrostimulation, bei der Ströme in einer Größenordnung von wenigen uAmp bis zu mehreren 100 uAmp über Mikroelektroden appliziert werden und Gebiete einer Ausdehnung etwa 10 um bis 1 mm beeinflussen.

Elektroenzephalografie (EEG)

Methode, mit der geringe Gehirnströme von der Kopfhaut abgeleitet werden können.

Endliche Automaten

Für die Modellierung von Verhalten können theoretische Automaten verwendet werden, die eine endliche Anzahl von inneren Zuständen sowie sensorische Eingänge und motorische Ausgänge aufweisen. Essenziell für das jeweilige Verhalten sind dann Übergangsregeln, die dem aktuellen Zustand und einem sensorischen Eingang einen neuen Zustand zuordnen. Motorische Ausgänge sind direkt an bestimmte Zustände gekoppelt. Endliche Automaten sind ein Standardmodell informationsverarbeitender Maschinen; in der Psychologie werden ähnliche Konzepte unter der Bezeichnung Produktionssysteme (z. B. ACT-R) als Modelle kognitiver Prozesse beim Menschen eingesetzt.

Entladungsrate

Anzahl Aktionspotenziale pro Zeit (AP/s)

Ereigniskorrelierte Potenziale (EKP)

Auf der Kopfoberfläche ableitbare Potenzialschwankungen (Amplitude: einige Mikrovolt), die zeitlich an ein sensorisches, motorisches oder kognitives Ereignis gekoppelt sind. Bei dieser Technik werden Stimuli zu präzise definierten Zeitpunkten präsentiert und die an jeder Elektrode mit Elektroenzephalografie (EEG) oder Magnetenzephalografie (MEG) gemessenen Signale für ein bestimmtes Intervall um diesen Zeitpunkt herum extrahiert. Danach werden diese Signalabschnitte für einzelne Stimulusklassen über alle Wiederholungen gemittelt, um ein repräsentatives Mittelwertsignal zu erhalten.

Error-related negativity (ERN) / Error negativity (Ne)

An der Kopfoberfläche mittels EEG messbares ereigniskorreliertes Hirnpotenzial, das mit der Handlungsüberwachung assoziiert ist. Tritt z. B. bei Fehlern durch voreilige Reaktionen in Wahlreaktionsaufgaben auf. Bei negativen Rückmeldungen kann die zur selben Klasse von ereigniskorrelierten Hirnpotenzialen gehörende Feedback-related Negativity beobachtet werden. Beide Potenzialauslenkungen sind durch eine frontozentrale Negativierung gekennzeichnet. Vermutlicher Generator ist die rostrate cinguläre Zone (→ „rostral cingulate zone“ / „anterior midcingulate cortex“).

Event-related fMRT (efMRT)

Verfahren der funktionellen Kernspintomografie (fMRT) analog zu den evozierten Potenzialen in der Elektroenzephalografie (EEG) oder Magnetenzephalografie (MEG). Stimuli werden zu definierten Zeitpunkten präsentiert und die Daten danach in Bezug auf diesen Zeitpunkt analysiert.

Exekutive Funktionen/Prozesse

Begriff, der eine heterogene Gruppe kognitiver Funktionen zusammenfasst, die zielorientiertes, adaptives und flexibles Verhalten ermöglichen. Zu den Exekutivfunktionen zählen Entscheidungsfindung, Handlungsplanung, Handlungsüberwachung, Aufmerksamkeitskontrolle, Arbeitsgedächtnis, Problemlösen und andere. U.a. dienen sie dazu, Handlungen über mehrere Teilschritte hinweg auf ein übergeordnetes Ziel zu planen, Aufmerksamkeit auf hierfür relevante Informationen zu fokussieren und ungeeignete Handlungen zu unterdrücken. Obwohl das Frontalhirn für die Exekutivfunktionen eine wichtige Rolle spielt, kann man Exekutivfunktionen nicht mit Frontalhirnfunktionen gleichsetzen, da auch andere Hirnareale essenziell beteiligt sind.

Expresssakkaden

Blicksprünge mit sehr kurzer Latenz, die vor allem dann ausgelöst werden, wenn zwischen Fixation und Präsentation des Blickziels eine zeitliche Lücke existiert.

Extinktion

Unfähigkeit als Folge einer unilateralen Hirnschädigung, einen kontraläsionalen Reiz wahrzunehmen, wenn dieser gleichzeitig mit einem ipsiläsionalen Reiz präsentiert wird. Dagegen ist die Wahrnehmung einzeln dargebotener kontra- und ipsiläsionaler Reize unbeeinträchtigt.

Feedback

Sensorische Information, die während der Ausführung einer Bewegung oder unmittelbar danach auftritt. Dazu gehört propriozeptive, visuelle, taktile oder auditive Information und auch von außen gegebene Information über den Verlauf und das Ergebnis der Bewegung.

Feedback- vs. Feedforward-Kontrolle

Zwei Mechanismen zur Steuerung von Bewegungen. Feedback: auf der Grundlage von sensorischem Feedback, das während und nach der Bewegungsausführung wahrgenommen wird. Feedforward: unabhängig von dem wahrgenommenen Feedback (z.B. Reflexe, ballistische Bewegungen, internale Vorwärtsmodelle).

Fehlermaße zur Erfassung von Bewegungen

Resultieren aus dem Vergleich des Ergebnisses einer Handlung mit einem vorher festgelegten Ziel. Absoluter Fehler: Absolute Differenz zwischen der aktuellen Leistung und dem Ziel in jedem Durchgang. Allgemeines Maß für die Genauigkeit. Konstanter Fehler: Summe der Differenzen zwischen Leistung und Ziel über mehrere Durchgänge (Über- vs. Unterschießen wird mit +/-Zeichen bewertet). Allgemeines Maß für die Tendenz, in eine Richtung abzuweichen („bias“). Variabler Fehler: Standardabweichung der konstanten Fehler über mehrere Durchgänge. Allgemeines Maß für die Konsistenz der Leistung.

Feldpotenziale/lokale Feldpotenziale

Potenzialveränderungen, die sich mit invasiven Mikroelektroden mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung ableiten lassen, die die Resultierende der Stromflüsse im Extrazellulärraum sind, die synaptische Aktivität, aber auch die Wanderung des → Aktionspotenzials entlang des Neurons nach sich ziehen. Die mit Oberflächensensoren abgeleiteten → EEG- bzw. → MEG-Signale können als räumlich gemittelte und zeitlich tiefpassgefilterte Resultierende der lokalen Feldpotenzialaktivität verstanden werden.

Filehne-Illusion

Scheinbare Bewegung eines stationären Hintergrunds während der Ausführung einer glatten Augenfolgebewegung.

Fitts’ Gesetz

Mathematische Regel, die die Beziehung zwischen zunehmender Geschwindigkeit und abnehmender Genauigkeit bei der Bewegungsausführung beschreibt (→ „speed-accuracy trade-off“).

Flimmerskotom

Visuelle Reizerscheinung (häufig bei Migräne), die im Gesichtsfeldzentrum meist als heller bis greller Lichtpunkt beginnt und sich dann allmählich über das gesamte Gesichtsfeld ausdehnen kann. Dabei geht der unstrukturierte Lichtreiz häufig in ein Muster aus Punkten oder Linien über.

fMRT

→ Funktionelle Magnetresonanztomografie

Fortifikationsphänomen

Typischerweise im Rahmen von Migräneanfällen auftretende Reizerscheinung aus Zickzacklinien, die entsprechend der kortikalen Retinotopie zur Gesichtsfeldperipherie hin an Größe zunehmen.

Fovea centralis (gelber Fleck)

Zentraler Bereich des Gesichtsfeldes, dessen Durchmesser etwa 1° Sehwinkel beträgt. Höchstes räumliches Auflösevermögen, als Photorezeptoren existieren dort nahezu ausschließlich Zapfen.

Frontotemporale Lobärdegenerationen

Die neuropathologischen Merkmale der frontotemporalen Lobärdegenerationen sind uneinheitlich. Es gibt Teilgruppen der FTLD mit Tau-positiven, Ubiquitin-positiven, TDP-43-positiven oder Tau-negativen Einschlüssen. Gemeinsames Merkmal ist die Lokalisation der Hirnatrophie frontotemporal, frontal oder temporal.

Funktionelle Bildgebung

Im engeren Sinne wird damit meist bezeichnet: die funktionelle Kernspintomografie (fMRT), die Positronenemissionstomografie (PET) und die Magnetenzephalografie (MEG).

Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)

Funktionelle Kernspintomografie. Bildgebendes Verfahren in den kognitiven Neurowissenschaften. Diese Technik beruht auf dem Prinzip, dass durch neuronale Aktivität lokale Änderungen in der Blutsauerstoffkonzentration auftreten. Mit geeigneten Untersuchungsparadigmen und Kontrollbedingungen kann in einer Messung nachgewiesen werden, dass ein bestimmtes Hirnareal (oder mehrere Areale) an einer Aufgabe beteiligt sind.

Funktionelle Regeneration

Funktionelle Erholung nach einer umschriebenen Hirnläsion, die mit neuroplastischen Vorgängen einhergeht.

Gain-Modulation / Gain Field

Die Entladungsrate eines Neurons wird durch zwei Eingänge bestimmt. Der erste Eingang kann das Neuron zu einer Entladung veranlassen, deren Stärke in einer Beziehung zur Größe des Eingangssignals steht. Der zweite Eingang ist für sich allein unwirksam. Er vermag aber die Antwort auf den ersten Eingang zu modulieren, wenn beide gemeinsam einwirken können. Gain-Modulation ist ein neuronales Codierungsprinzip, das wichtigen Anteil an der Transformation von räumlichen Koordinaten hat (→ Koordinatentransformationen) und Neuronen die gleichzeitige Beteiligung an mehr als einer Leistung ermöglicht.

Gamma-Band

Einer von mehreren Frequenzbereichen neuronaler Oszillationen; bei Gamma-Band-Oszillationen treten mehr als 30 Schwingungszyklen pro Sekunde auf.

Gedächtnissysteme

Gedächtnis wird heutzutage nicht nur in Kurzzeit- (ca. 5 Informationseinheiten oder bis zu einer Dauer von wenigen Minuten) und Langzeitgedächtnis (über die Dimensionen des Kurzzeitgedächtnisses hinausgehend) unterteilt, sondern auch in fünf inhaltliche differenzierbare Systeme, von denen zwei grundsätzlich ohne bewusste Reflexion und drei mit bewusster Reflektion verarbeitet werden.

Gemeinsame Repräsentationen

Annahme, dass Wahrnehmungsinhalte und geplante Handlungen auf einer kognitiven Ebene in demselben Format repräsentiert sind und sich daher direkt, ohne Übersetzungsmechanismus, beeinflussen können.

Generalisierte auditive Agnosie

Unfähigkeit, sowohl Geräusche als auch Sprachlaute zu erkennen, obwohl die Hörfähigkeit nicht erloschen ist.

Geräuschagnosie

→ reine Geräuschagnosie

Gesichtsfeldausfall

Ein Defekt im Gesichtsfeld, dessen Größe, Lage und Dichte von der ihn verursachenden Läsion abhängt (→ Hemianopsie; Quadrantenanopsie).

Gestaltkriterien

Von den Gestaltpsychologen entdeckte Gesetzmäßigkeiten, die die Integration von Sinneseindrücken bestimmen.

Glatte Augenfolgebewegung

Augenbewegung, die vor allem in der Anwesenheit eines bewegten Objekts ausgeführt wird. Dabei ist die Geschwindigkeit der Augenbewegung exakt an die Geschwindigkeit des Objekts angepasst, sodass das retinale Bild des bewegten Objekts stationär ist.

Handlungsplan

Wird vor dem Beginn einer Bewegung erstellt und spezifiziert die Merkmale der auszuführenden Bewegung. Alternative Bezeichnung: Motorprogramm.

Handlungsüberwachung

Die Handlungsüberwachung ist eine kognitive Funktion, die der Entdeckung von Problemen bei der Zielerreichung einer Handlung dient. Wenn eine Handlung ihr Ziel nicht erreicht (z. B. bei einem Fehler), oder während der Handlung festgestellt wird, dass die Zielerreichung unwahrscheinlicher wird (z. B. bei Handlungskonflikten, Unsicherheit), nutzt das Handlungsüberwachungssystem diese Information zur Aktualisierung der repräsentierten subjektiven Handlungswerte und initiiert notwendige Anpassungs- und Kompensationsprozesse.

Heautoskopie

Multimodale Halluzination des eigenen Selbst im Körperaußenraum (auch als “Doppelgänger-Erlebnis” bezeichnet).

Hemianope Lesestörung

Sammelbegriff für die Beeinträchtigung des Lesens aufgrund eines halbseitigen Gesichtsfeldausfalls, der das ganzheitliche Erfassen von Wörtern behindert. Die hemianope Lesestörung findet sich typischerweise in Fällen mit weniger als 3 Grad Restgesichtsfeld links und weniger als 6 Grad rechts vom Ort des schärfsten Sehens (Fovea).

Hemianopsie

Durch eine einseitige Hirnschädigung (z. B. Schlaganfall) hervorgerufener Ausfall einer Gesichtsfeldhälfte (jeweils kontralateral zur Hirnschädigung).

Hemineglect

Nur noch selten gebräuchlicher Ausdruck für einen → Neglect.

Hemiparese

Durch eine einseitige Hirnschädigung (z. B. Schlaganfall) hervorgerufene teilweise Lähmung des Armes und Beines kontralateral zur Hirnschädigung.

Hemiplegie

Durch eine einseitige Hirnschädigung (z. B. Schlaganfall) hervorgerufene vollständige Lähmung des Armes und Beines kontralateral zur Hirnschädigung.

Hemisphärektomie

Operative Entfernung einer Hemisphäre, zumeist zur Behandlung einer durch Medikamente nicht zu behandelnden Epilepsie. Heute wird jedoch überwiegend eine Diskonnektion (statt Entfernung) des Gewebes vorgenommen (Hemisphärotomie).

Heteronym

Griech. „hetero-“ = ungleich. Ein Ausfall, der in den Gesichtsfeldern beider Augen unterschiedliche Regionen betrifft.

Hicks‘ Gesetz

Mathematische Regel, die die Vorhersage des Anstiegs der Reaktionszeit ermöglicht, sobald die Anzahl der Reaktionsalternativen bekannt ist.

Holistische Wahrnehmung

Der Begriff „holistisch“ umfasst zwei unterschiedliche Aspekte der Wahrnehmung. Erstens bezeichnet man damit das Phänomen, dass die Wahrnehmung von Einzelmerkmalen innerhalb eines Objekts durch die anderen Merkmale beeinflusst wird. Dieses Phänomen wird besonders bei der Gesichtswahrnehmung deutlich: Es ist beispielsweise schwierig, den Mund von Angela Merkel auszuwählen, wenn verschiedene Münder ohne Gesicht zur Auswahl gezeigt werden, während die Aufgabe viel leichter ist, wenn ihr Gesicht mit falschem oder richtigem Mund gezeigt wird. Zweitens ist damit die Fähigkeit gemeint, ein Objekt (Gesicht) als Ganzes wahrnehmen zu können, ohne es in seine Einzelteile zu zerlegen und getrennt zu verarbeiten.

Homonym

Griech. „homo-“ = gleich. Ein Ausfall, der in den Gesichtsfeldern beider Augen dieselbe Region betrifft

Hypothese der integrierten Kompetition

Ansatz einer Rahmentheorie zur Integration behavioraler und neuronaler Befunde, der davon ausgeht, dass Stimuli in einen Wettbewerb um die Handlungssteuerung treten, wobei der Wettbewerb z. B. durch aktuelle Handlungsziele beeinflusst wird.

Ideatorische Apraxie

Form der Apraxie, bei der der Handlungsentwurf fehlerhaft sein soll. Die Unterscheidung von Störungen des Handlungsentwurfs und der Ausführung ist jedoch fragwürdig. Die Bezeichnung ideatorische Apraxie wird meist für Störungen des Werkzeug- und Objektgebrauchs verwendet.

Ideomotorische Apraxie

Form der Apraxie, bei der bei korrektem Entwurf der Handlung ihre Umsetzung in motorische Aktionen gestört sein soll. Die Realität dieser Art der Störung ist jedoch zweifelhaft. Der Name wird heute in erster Linie als Sammelbegriff für gestörte Handlungen ohne Objekt, also beim Imitieren von Gesten und der Ausführung kommunikativer Gesten, verwendet.

Ikonisches Gedächtnis

→ Sensorisches Gedächtnis.

Imagination

Die Bearbeitung von Informationen erfolgt u. a. durch die Bildung von visuellen Vorstellungen, verbunden mit Aktivierung von Gedächtnisinhalten und der Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Gegenstand.

Inferior-frontales Kreuzungsareal (IFJ)

Ein auf Grundlage von fMRT-Studien beschriebenes Areal in der Kreuzungsregion von Sulcus frontalis inferior und Sulcus präcentralis inferior. Das IFJ repräsentiert abstrakte Eigenschaften visueller Objekte, die im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Es ist wahrscheinlich an der Top-down-Kontrolle parietaler und extrastriärer visueller Areale beteiligt.

Integrationsfenster

Multimodale Integration zweier oder mehrerer diskrepanter Sinneseindrücke kann nur erfolgen, wenn die Sinneseindrücke hinreichend ähnlich sind. Die Grenzen, die beschreiben, wie ähnlich multimodale Sinneseindrücke sein müssen, um integriert zu werden, werden als Integrationsfenster beschrieben.

Intentionen

Repräsentationen von Zielzuständen, die ausgeführte Bewegungen steuern. Intentionen bestimmen das Ziel der Handlung und beeinflussen die Auswahl und die Ausführung der Bewegung, die zur Zielerreichung eingesetzt werden soll.

Interaurale Pegeldifferenz

Unterschied im Schalldruckpegel seitlich einfallender Schallwellen am schallzugewandten und am schallabgewandten Ohr. Die durch den Schallschatten des Kopfes bedingte interaurale Pegeldifferenz ist zusammen mit der → interauralen Zeitdifferenz ein wichtiger Richtungsparameter für die Lokalisation von Schallquellen in der Horizontalebene.

Interaurale Zeitdifferenz

Unterschied in der Laufzeit seitlich einfallender Schallwellen zum schallzugewandten und zum schallabgewandten Ohr. Zusammen mit der →  interauralen Pegeldifferenz ist die interaurale Zeitdifferenz ein wichtiger Richtungsparameter für die Lokalisation von Schallquellen in der Horizontalebene.

Intermodale Plastizität

Bezeichnet funktionelle und strukturelle Veränderungen in neuronalen Strukturen, die typischerweise mit einer deprivierten Modalität assoziiert werden, z. B. eine auditive Aktivierung visueller Kortexregionen oder visueller Anteile multisensorischer Strukturen bei blinden Individuen.

Internales Vorwärtsmodell

Auf Basis einer → Efferenzkopie wird die zu erwartende Endposition eines Körperglieds vorausberechnet und mit der angestrebten Endposition verglichen; ggf. werden die Muskelkommandos korrigiert. Ermöglicht u. a. eine Bewegungssteuerung unabhängig von sensorischem Feedback. Lokalisationsort: vermutlich → Kleinhirn.

Intramodale Plastizität

Steht für funktionelle und strukturelle Veränderungen der neuronalen Strukturen, die typischerweise mit der stimulierten Modalität assoziiert werden.

Ipsiläsional

Auf derselben Seite wie die Hirnschädigung.

Kardinalität

Anzahl von Elementen einer Menge.

Kardinalzahl

Bezeichnet quantitative Zahlzuweisungen und bezieht sich auf die Anzahl von Elementen einer Menge (Kardinalität, „Numerosität“).

Kennard-Prinzip

Die überlegene Kompensationsfähigkeit des sich entwickelnden Gehirns gegenüber dem Gehirn eines Erwachsenen nach fokalen Läsionen.

Kinematik

In der Motorikforschung bezeichnet man damit die Charakterisierung der Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung der Hand oder eines anderen Körperteils als Funktion der Zeit.

Kleinhirn/Zerebellum

Das Kleinhirn funktioniert als Modulator für Muskelbewegungen. Es bewirkt präzise Veränderungen der Muskelspannung und koordiniert feine Bewegungen, die von anderen Gehirnteilen initiiert wurden. Es wirkt vor allem hemmend auf Größe, Umfang und Weite von Bewegungen. Neben den motorischen Funktionen wird auch die Beteiligung an kognitiven Prozessen diskutiert, da viele kortikale Strukturen zum Kleinhirn ­projizieren.

Klüver-Bucy-Syndrom

Eine Reihe von Verhaltensauffälligkeiten, die 1939 von Klüver und Bucy nach bilateraler Entfernung vorderer Anteile des Temporallappens von Affen beschrieben wurden (abnorme Zahmheit, undifferenziertes Fressverhalten, visuelle Agnosie, Hypersexualität etc.). Diese Konstellation an Symptomen kann auch bei Menschen, z. B. in Verbindung mit einer Herpes-Enzephalitis (durch bestimmte Herpesviren verursachte Entzündung des Gehirns), auftreten.

Kognitive Flexibilität

Zentrales Konzept in der Beschreibung exekutiver Funktionsstörungen. Bei Störungen der kognitiven Flexibilität zeigen sich auf der Ebene des beobachtbaren Verhaltens häufig perseverative Verhaltenstendenzen bzw. rigide Antwortmuster.

Kognitive Karte

Für eine Gedächtnisstruktur, die ziel- und situationsbedingte Flexibilität bei der Auswahl von Wegen zu einem Ziel erlaubt, führte Tolman 1948 den Begriff der kognitiven Karte ein. Die von O‘Keefe und Nadel 1978 vorgeschlagene Unterscheidung von Routen- und Kartenwissen entwickelt den Begriff weiter und legte damit eine Grundlage für die moderne Einteilung von Gedächtnisleistungen in deklarative und nicht deklarative. Der Begriff der kognitiven Karte wird hinsichtlich des Anteils metrischer Information (Koordinatensysteme) und der möglichen Lokalisation im Gehirn kontrovers diskutiert. Aktuell ist vor allem die Debatte über die Rolle der verschiedenen ortsspezifischen Neurone im Hippocampus und Parahippocampus der Nagetiere von Bedeutung.

Kognitive Kontrolle

Synonym → „exekutive Funktionen“. Hiermit ist die Fähigkeit gemeint, auf Reize nicht stereotyp zu antworten, sondern den Kontext, Erfahrungen und auf die Zukunft gerichtete Erwägungen zu nutzen, um Verhaltensalternativen, die angemessener sind, zu realisieren. Der präfrontale Kortex gilt als das wesentliche Substrat  der Mechanismen kognitiver Kontrolle.

Komplexe visuelle Reizerscheinungen

Sehen von komplexen visuellen Reizen (z. B. Objekte, Gesichter, Tiere, belebte und unbelebte Szenen), die durch krankhafte Erregung neuronaler Strukturen vor allem in temporookzipitalen Hirnarealen hervorgerufen werden.

Konfabulation

Erinnerungen an Vorkommnisse und Erlebnisse, die gar nicht dagewesen sind. Verschiedenen Formen werden unterschieden: 1. Intrusionen in Gedächtnistests (einfache provozierte Konfabulationen); 2. Augenblickskonfabulationen (auch momentane oder Verlegenheitskonfabulationen genannt); 3. fantastische Konfabulationen; 4. spontane Verhaltenskonfabulationen.

Konnektionistisches Modell

Verschiedene Arbeitswege werden nicht so klar voneinander getrennt wie in Stufenmodellen (z. B. das Logogenmodell). Ein kontinuierlicher Informationsfluss breitet sich netzwerkartig aus, sodass Teilinformationen auf verschiedenen Ebenen zeitlich parallel verarbeitet werden und die Ebenen sich gegenseitig beeinflussen.

Kontinuierlicher Wiedererkenntest

Form von Gedächtnistest, bei dem eine Serie von Stimuli (Bilder, Wörter etc.) nacheinander präsentiert wird und die Probanden angeben müssen, wenn sich Stimuli wiederholen.

Kontraläsional

Der Seite der Hirnschädigung gegenüberliegend.

Koordinatentransformation

Die Position von Körperteilen und Objekten kann in einer Vielzahl prinzipiell gleichwertiger Koordinatensysteme abgebildet werden. Beispiel: Lage eines Bildes auf der Netzhaut in einem zweidimensionalen Koordinatensystem, das durch eine vertikale und eine horizontale Achse durch die Fovea definiert wird. Genauso gut könnte die Bildposition relativ zum Kopf oder zum Rumpf usw. definiert werden. Unterschiedliche Teile des Gehirns verwenden unterschiedliche Koordinatensysteme. Der Austausch von Informationen zwischen ihnen erfordert die Transformation der Positionsinformationen von einem Koordinatensystem in ein anderes.

Körperausdruck

Ausdruck von Emotionen oder anderen Informationen durch die Körperhaltung und Körperbewegungen.

Körperschema

Das Wissen um die Gestalt unseres Körpers einschließlich der Stellung der Körperteile zueinander und die Abgrenzung des Körpers von der Außenwelt.

Korsakoff-Syndrom

Ursprünlich von Bonhoeffer 1991 als die Kombination von anterograder Amnesie, retrograder Amnesie, Desorientiertheit und einer Tendenz zu Konfabulationen definiert. Bezeichnet heute die Amnesie aufgrund von Thiaminmangel, meist infolge Mangelernährung im Rahmen übermäßigen Alkoholkonsums.

Kortikale Reorganisation

Veränderungen in kortikalen Repräsentationsarealen, die für bestimmte sensorische oder motorische Funktionen verantwortlich sind. Afferenter Einstrom und damit die Aktivierungsmuster werden durch intensive, verhaltensrelevante Übung moduliert oder durch mangelnden afferenten Einstrom oder Schädigung der Rezeptoren reduziert. In einer Kompetition für kortikale Repräsentation gewinnen stärker aktivierte Bereiche gegen­über denjenigen, die keine eigenen Afferenzen mehr erhalten. „Repräsentationskarten“ werden somit zum Abbild der Bedeutung der Reizkonstellationen in der Peripherie (→ Plastizität).

Kostenminimierung

Aus der Vielzahl möglicher Bewegungsbahnen, mit denen etwa eine Hand auf ein Zielobjekt zugeführt wird, wird die ausgewählt, die einem Kostenminimierungsprinzip genügt. Beispiele solcher Prinzipien sind etwa das Ziel maximaler Glattheit der Bewegung (bzw. die Minimierung der Abweichungen von Glattheit) oder das einer Minimierung der energetischen Kosten. 

Kritische Perioden

Phasen in der Entwicklung des Zentralnervensystems, während derer spezifische Erfahrungen vorhanden sein müssen, damit ein neuronales System seine Funktion erwerben kann. Nach Abschluss der kritischen Periode kann diese Funktion nicht mehr oder nur unvollständig durch das neuronale System vermittelt werden.

Langzeitgedächtnis

Oberbegriff für eine Menge von verbundenen Gedächtnissystemen bzw. Gedächtnisprozessen, die das langfristige Behalten von Information leisten.

Lateralisierung

Spezialisierung der Großhirnhemisphären auf bestimmte Funktionen (→ Asymmetrie des Gehirns)

Lexikalische Prozedur

Benutzt Einträge im Lexikon, d.h. im Langzeitwortspeicher.

Lexikon

Gesamtheit der Wörter einer Sprache.

Limbisches System

Ursprünglich definiert als eine Ansammlung von Hirnstrukturen, die sich saumartig um den Balken konzentrieren. Inzwischen so erweitert und verändert, dass es eine größere Anzahl allokortikaler und subkortikaler Strukturen enthält, die vor allem mit der Verarbeitung von Emotion und Gedächtnis befasst sind. Hierzu gehören z.B. die hippocampale Formation, die Amygdala und Strukturen des medialen Dienzephalons.

Linguistik/Sprachwissenschaft

Untersucht die Sprache als abstraktes System auf der Laut-, Wort- und Satzebene. Sie befasst sich sowohl mit sprachlichen Universalien als auch Spezifika, um die Eigenschaften der menschlichen Sprache zu erfassen.

Listing’sches Gesetz

Ein Sonderfall des generellen Problems der Reduktion der Freiheitsgrade. Augen verfügen über 3 Freiheitsgrade der Bewegung (horizontal, vertikal und torsional). Das Listing’sche Gesetz besagt, dass im Falle zielgerichteter Augenbewegungen die torsionalen Bewegungskomponenten minimiert werden. Durch diese Festlegung wird der Kontrollaufwand reduziert und ein stabiler Seheindruck gefördert.

Lobus, Lobulus des Kleinhirns

Die Windungen (oder Folia) des Kleinhirns werden zu drei Lappen (Lobi) zusammengefasst (Lobus anterior, posterior und flocculonodularis), die wiederum in kleinere Lobuli unterteilt werden (Lobus anterior: Lobuli I-V; Lobus posterior: Lobuli VI-IX; Lobus flocculonodularis: Lobulus X).

Locked-in-Syndrom

Bezeichnung für das Symptomspektrum, das nach Schlaganfall in der Pons auftritt; es sind nur noch vertikale Augenbewegungen möglich. Im Locked-in-Zustand befindet sich eine Person dann, wenn ihr nur noch wenige Muskeln zur Kommunikation zur Verfügung stehen (unabhängig von der Ätiologie). Menschen im Locked-in-Zustand können eine hohe Lebensqualität erleben, die sich von der gesunder Menschen nicht unterscheidet.

Magnetenzephalografie (MEG)

Methode, mit der geringe Magnetfeldänderungen innerhalb des Kopfes gemessen werden können. Diese Magnetfeldänderungen entstehen durch Aktivierung von Nervenzellen im Gehirn.

Magnozelluläres System

Große retinale Ganglionzellen und Zellen im Nucleus (Corpus) geniculatum laterale, die ein gutes zeitliches und ein schlechtes räumliches Auflösevermögen besitzen. Diese Zellen haben keine unterschiedliche Empfindlichkeit für verschiedene Farben. Dieses System stellt in erster Linie den Eingang für den → dorsalen Pfad (Wo-System) dar.

Main Sequence (einer Sakkade)

Zusammenhang zwischen maximaler Geschwindigkeit und Dauer von der Amplitude einer Sakkade.

Maximum Likelihood Schätzung (MLE)

Eine statistisch optimale Schätzung aufgrund mehrerer Informationsquellen. Durch MLE wird das Rauschen auf der resultierenden Schätzung minimiert. Damit MLE berechnet werden kann, müssen die Teilschätzungen einer Gauß’schen Normalverteilung folgen und die Parameter (Mittelwert und Streuung) der Gaußkurve müssen bekannt sein. Solche Modelle können oft das menschliche Verhalten in der → multimodalen Integration vorhersagen.

Mediatoranalysen

Hier wird überprüft, ob Alterseffekte in komplexen Aufgaben durch Alterseffekte in basalen Aufgaben oder neurophysiologischen Parametern erklärt werden können.

MEG

→ Magnetenzephalografie.

Mentale Arithmetik

Gesamtheit der kognitiven Prozesse, Gedächtnisrepräsentationen und mentalen Komponenten bei der Bearbeitung und Ausführung einfacher und komplexer Arithmetikaufgaben (Grundrechenarten, Bruch- und Prozentrechnung, Rechnen mit Klammerausdrücken, Lösen von Gleichungen, Bearbeitung von Textaufgaben usw.)

Mentale Rotation

Fähigkeit zur Drehung eines Reizes oder Objekts in der Vorstellung entlang verschiedener Raumebenen (links/rechts; vorn/hinten; oben/unten). Diese Leistung wird zu den räumlich-kognitiven Fähigkeiten gezählt.

Mentales Lexikon

Psycholinguistische Modelle des mentalen Lexikons untersuchen den Langzeitspeicher für Wörter, die innere Organisation des Wortschatzes, und die Prozesse, mit denen Wörter und deren Bedeutung gespeichert und abgerufen werden.

Merkmalsintegrationstheorie (MIT) der Aufmerksamkeit

Die MIT geht davon aus, dass sich visuelle Stimuli auf der Grundlage von basalen Merkmalen beschreiben lassen und anhand dieser Merkmale verarbeitet werden. Spezialisierte Merkmalsdetektoren nehmen Merkmale wie z. B. Farben wahr und repräsentieren diese auf topografisch organisierten Merkmalskarten. Auf einer späteren Verarbeitungsstufe, die fokale Aufmerksamkeit bedingt, werden diese Merkmale zu einer einheitlichen Objektrepräsentation intergiert.

Migräne-Aura

Auftreten einfacher visueller Reizerscheinungen (z. B. → Flimmerskotom) vor Einsetzen der Kopfschmerzattacken.

Mikrostimulation

Künstliche Erregung kleiner Gruppen von Neuronen durch winzige Ströme im Bereich von einigen Mikroampere, die über eine invasive Mikroelektrode appliziert werden.

„Milde kognitive Beeinträchtigung“

Testpsychologisch sind Leistungsminderungen in mindestens einer kognitiven Domäne nachzuweisen, z. B. im Gedächtnisbereich. Diese kognitiven Defizite stellen eine Verschlechterung gegenüber dem früheren Leistungsniveau dar. Die meisten Alltagsaktivitäten sind noch nicht beeinträchtigt, allenfalls komplexe Alltagsaktivitäten können beeinträchtigt sein.

Monaurale Richtungsparameter

Der direkt an der Ohröffnung eintreffende Schall ist mit dem am Kopf und an der Ohrmuschel reflektierten Schall überlagert. Die daraus resultierenden von der Schallrichtung abhängigen Verzerrungen in der spektralen Zusammensetzung (monaurale Richtungsparameter) liefern vor allem eine Information über die vertikale Position der Schallquelle.

Morphologie der Sprache

Untersucht die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten einer Sprache (Morpheme) und die Regeln, die ihrer Kombination zu Wörtern zugrunde liegen.

Morphometrie

Eine Gruppe von auf der Kernspintomografie beruhenden technischen Verfahren. Mit der Morphometrie können eine Vergrößerung bestimmter Hirnbezirke, die neuronale Dichte und der Faserverlauf sowie die Faserdichte in zentralnervösen Strukturen bestimmt werden. Zukunftsträchtige Technik, die neue Einblicke in die Dynamik von Anpassungsvorgängen im Gehirn und von pathologischen Veränderungen z. B. bei neurodegenerativen Erkrankungen verspricht.

Motorische Simulation

Nachvollziehen beobachteter Bewegungen und Planung von Handlungen auf der Grundlage eigener motorischer Erfahrungen.

Motorisches Lernen

Optimierung von Bewegungen durch Nutzung von Rückmeldungen über den Bewegungserfolg.

Motorkortex

Kortikales Areal im Frontallappen, das zentral an der Ausführung von Bewegungen beteiligt ist.

Multidimensionale Skalierung

Kennt man von einer Anzahl von Punkten die paarweisen Abstände, so kann man eine Einbettung dieser Punkte in ein Koordinatensystem berechnen, die bis auf Verschiebungen und Drehungen der ganzen Konfiguration (Ähnlichkeitstransformationen) eindeutig bestimmt ist. Das geht auch mit unvollständigen oder fehlerbehafteten Abstandsschätzungen, wobei dann natürlich die Eindeutigkeit nicht mehr garantiert werden kann. In der Psychologie benutzt man dieses Verfahren, um metrische Eigenschaften repräsentationaler Räume zu schätzen, wobei die Distanzen z. B. über Verwechslungswahrscheinlichkeiten gemessen werden. In der Raumkognition kann man ähnliche Verfahren benutzen, um aus lokalem metrischen Wissen (Abstände, Winkel) globale metrische Karten auszurechnen. In der technischen Literatur zur Roboternavigation sind solche Verfahren unter der Bezeichnung SLAM („simultaneous localization and mapping“) bekannt.

Multimodale Integration

Wenn eine Objekteigenschaft durch zwei oder mehr redundante Sensorsignale wahrgenommen werden kann und die gleichzeitige Präsenz beider Signale zu einem einzelnen Sinneseindruck (Perzept) führt, so spricht man von Integration der multimodalen Signale (z. B. Größenwahrnehmung durch gleichzeitiges Ansehen und Anfassen eines Objekts). Oftmals integrieren Menschen multimodale Signale statistisch optimal, d. h. die Gewichtung der Sinnesreize und die Einbeziehung von Vorwissen folgen mathematischen Modellen, wie der → Maximum Likelihood Schätzung (MLE) und der Bayes’schen Regel.

Multimodale Kombination

Als multimodale Kombination wird multimodale Wahrnehmung bezeichnet, wenn sich die Sinne komplementär ergänzen. Verschiedene Formen der multimodalen Kombination sind 1. Disambiguierung, bei der Signale aus einer Modalität die Wahrnehmung in einer anderen Modalität stabilisieren; 2. Kooperation, bei der verschiedene Modalitäten ein vollständigeres Gesamtbild erlauben; 3. Hierarchie, bei der durch aufeinander aufbauende Schritte aus einfachen Sinneseindrücken ein komplexer Wahrnehmungseindruck konstruiert wird; 4. Veto, d. h. die Übernahme der multimodalen Wahrnehmung durch eine Sinnesmodalität, wenn Sinnessignale aus verschiedenen Modalitäten unvereinbar sind.

Multisensorische Integration

Eingänge aus verschiedenen Sinnessystemen werden zu einem einheitlichen Perzept zusammengefügt.

Multivariate Dekodierung

Verfahren zum Auslesen von Information aus Aktivitätsmustern größerer Verbände von Nervenzellen.

Musik

Bewusst gestaltete, zeitlich strukturierte Ordnung von akustischen Ereignissen in sozialen Kontexten. Musik kann als zweites menschspezifisches, innerartliches lautliches Kommunikationssystem verstanden werden. Die Funktion von Musik wird in der Organisation und Festigung sozialer Bindungen und im Erzeugen meist positiver Emotionen gesehen.

Mutismus

Komplette Unfähigkeit zur willkürlichen Produktion sprachlicher Lautäußerungen, einschließlich der Unfähigkeit, willkürlich zu phonieren. Ein transienter Mutismus kann als Konversionsstörung unmittelbar nach einer Hirnschädigung auftreten, aber auch als schwere Ausprägung einer → Dysarthrie oder einer → Sprechapraxie.

Nachinformationseffekt

Informationen, die im Anschluss an eine Lernsituation wahrgenommen und behalten werden, können die Erinnerung an die Originalsituation verzerren. Forschungen zur Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen haben z. B. klar gezeigt, dass falsche Informationen, die in eine „Befragung“ zum Hergang der Ereignisse eingebaut waren, Erinnerungen an das Originalereignis in eine bestimmte Richtung verzerren und sogar „Erinnerungen“ an gar nicht vorgekommene Elemente des Hergangs der Ereignisse erzeugen können.

Navon-Reize/-Buchstaben

Von Navon (1977) entwickelte hierarchisch strukturierte Buchstaben, bei dem jeder große, globale Buchstabe sich aus mehreren einzelnen, kleinen Buchstaben zusammensetzt. Patienten mit → Simultanagnosie, können nur den lokalen Buchstaben benennen, während sie außerstande sind, den globalen Buchstaben zu erkennen.

Neglect

Durch (in den meisten Fällen) rechtsseitige Hirnschädigung hervorgerufene Störung der Raumorientierung. Die Augen und der Kopf der Kranken weichen deutlich zur Seite der Hirnschädigung ab. Obwohl keine Gesichtsfeldstörung besteht, werden Personen, Gegenstände etc. nicht beachtet, wenn sich diese auf der gegenüberliegenden, linken Seite befinden.

Neurofeedback

Sensorische (visuelle, auditorische, taktile) Rückmeldung der elektrischen Aktivität des Gehirns an den Probanden. Dadurch wird die willentliche Beeinflussung der sonst nicht unter bewusster Kontrolle stehenden Hirnaktivität möglich.

Neurolinguistik

Als Teilbereich der Linguistik eine interdisziplinäre Wissenschaft, die die neuroanatomischen Grundlagen sprachlicher Funktionen mit kognitionswissenschaftlichen Methoden untersucht. Für ihre Theoriebildung verwendet sie Daten von Patienten mit erworbenen Sprachstörungen nach einer Hirnläsion oder Daten, die mit sprachgesunden Versuchspersonen unter Verwendung bildgebender Verfahren erhoben wurden.

(Neuro)magnetische Quellenlokalisation

Bereits Helmholtz, 1885, war bekannt, dass die Messung elektrischer und magnetischer Aktivität außerhalb eines Volumenleiters keinen eindeutigen Schluss auf Lage und Stärke der Quellen dieser Aktivität zulässt. Bildlich gesprochen liefert die Aktivität an der Schädeloberfläche nur den zweidimensionalen Schatten einer dreidimensionalen Aktivität. Die Lösung, welche Quellen im Gehirn in einer bestimmten Millisekunde aktiv waren, wird eindeutig bei Berücksichtigung physiologisch-anatomischer Einschränkungen zu möglichen Quellenkonfigurationen, etwa dass die weiße Substanz keine wesentlichen Quellen elektrischer und magnetischer Aktivität außerhalb des Schädels hervorrufen kann und dass in der grauen Substanz Stromdipole senkrecht zur Oberfläche ausgerichtet sein müssen. Erfasst man die räumliche Anordnung vor allem der Hirnrinde aus dem Magnetresonanztomogramm, so kann man zu jedem Zeitpunkt eine Information über Ausdehnung, Lage und Stärke kortikaler Quellen erhalten.

Neuronale Oszillationen

Rhythmische Aktivierung von Nervenzellen, die durch einen Wechsel von erregenden und hemmenden Einflüssen entsteht.

Neuronaler Wettbewerb

Entsteht, wenn mehrere Reize zeitgleich im visuellen Feld präsent sind und drückt sich in der wechselseitigen Unterdrückung der durch die einzelnen Reize hervorgerufenen neuronalen Aktivität aus. Wettbewerb um neuronale Ressourcen ist auf der Ebene des rezeptiven Feldes am stärksten ausgeprägt.

Neuroplastizität

Fähigkeit des zentralen Nervensystems sich an Änderungen im Umgang mit der Umwelt anzupassen, neue Verhaltensweisen zu akquirieren, zu erlernen und zu optimieren, um Verhalten bestmöglich an die Gegebenheiten des täglichen Umfeldes anzupassen.

Nichtlexikalische Prozedur

Benutzt ein Regelsystem, um kleinste Einheiten in einer Modalität, z. B. Buchstaben der visuellen Schriftsprache, in Einheiten einer anderen Modalität, z. B. Einzellaute der gesprochenen Sprache, umzuwandeln.

Nichtsprachliche Kommunikation

Kommunikation ohne Sprache, z. B. durch Gesten, Mimik oder den Stil unserer Bewegungen.

Nominalität

Identifizierung von Objekten einer Menge

Numerischer Distanzeffekt

Die Unterscheidbarkeit zweier Anzahlen verbessert sich mit zunehmender numerischer Distanz zwischen diesen.

Numerischer Größeneffekt

Die Unterscheidbarkeit zweier Anzahlen konstanter numerischer Distanz verschlechtert sich mit Zunahme der Beträge der Anzahlen.

Numerosität

Kognitionspsychologisches Äquivalent des mathematischen Begriffs „Kardinalität“, d. h. der abstrakten Anzahl der Objekte in einer Menge unabhängig von deren physikalischen oder gedachten, vorgestellten Eigenschaften. So können etwa die bekannten Rechenoperationen – Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division – anhand von Mengenoperationen und den Numerositäten der beteiligten Mengen definiert werden.

Objektbezogene Aufmerksamkeitsmodelle

Modelle, die postulieren, dass Aufmerksamkeit nicht auf einen Ort gerichtet wird, sondern auf ein Objekt an einem bestimmten Ort.

Objektorientierungsagnosie

→ Agnosie von Objektorientierungen.

Open-loop control

→ Bewegungskontrolle.

Operator

Bezeichnung für sprachliche Ausdrücke wie → Quantoren, Fragepronomen usw.

Optische Aphasie

Selektive Störung des Benennens von visuell dargebotenen Objekten. Die Störung beim Benennen von gesehenen Gegenständen kontrastiert mit weit besserem oder sogar gänzlich ungestörtem Benennen bei Wahrnehmung über andere Sinneskanäle und mit intakten visuoperzeptiven Leistungen. Die Abgrenzung zur assoziativen Agnosie ist unsicher.

Optische Ataxie

Fehlerhafte Ausführung zielgerichteter Bewegungen beim Ergreifen eines Objekts oder beim Zeigen auf ein Ziel nach einseitiger, parietookzipitaler Hirnschädigung. Bei erhaltener Kraft und ungestörter Koordination der Bewegungen kommt es zu einem deutlichen Abweichen der Hand vom Ziel.

Optische Flussfelder

→ Visuelle Flussfelder.

Orbitofrontaler Realitätsfilter

Gedächtniskontrollmechanismus, der von Area 13 des orbitofrontalen Kortex und seinen subkortikalen Verbindungen vermittelt wird und aufkommende Erinnerungen nach 200-300 ms auf ihren Bezug zur Realität prüft. Dem Mechanismus scheint die Fähigkeit zur Extinktion zugrunde zu liegen.

Ordinalität

Position eines Elements in einer Folge.

Orientierungsschätzung

Einschätzung der Parallelität zweier Linienorientierungen. Synonym: Orientierungsdiskrimination

Palilalie

Unwillkürliche Wiederholung von Silben, Wörtern oder Wortverbindungen innerhalb einer Äußerung als hinweisendes sprechmotorisches Symptom für eine Parkinson-Krankheit.

Paragrammatismus

Komplex angelegter Satzbau mit Satzverschränkungen und Verdoppelung von Satzteilen; Funktionswörter und Flexionsformen sind oft fehlerhaft.

Paragraphie

Fehlreaktion beim Schreiben.

Paralexie

Fehlreaktion beim Lesen.

Parvozelluläres System

Kleine retinale Ganglionzellen und Zellen im Nucleus (Corpus) geniculatum laterale, die ein gutes räumliches und ein schlechtes zeitliches Auflösevermögen besitzen und unterschiedlich empfindlich für verschiedenen Farben sind. Dieses System stellt in erster Linie den Eingang für den ventralen Pfad (Was-System) dar.

Periaquäduktales Grau

Ein Kerngebiet im Bereich des Mittelhirns, das bei subhumanen Primaten, wahrscheinlich aber auch beim Menschen an der Koordination emotionaler Lautäußerungen (Warnrufe, Angstschreie etc.) beteiligt ist.

Perimetrie

Gesichtsfeldmessung, bei der die Größe, Lage und Dichte eines Gesichtsfeldausfalls mit bewegten oder statischen Lichtreizen bestimmt werden kann.

Perisylvische Raumorientierungsareale

Der Orientierung im Raum liegen neuronale Strukturen zugrunde, die vorwiegend mit Hirnarealen assoziiert werden, die in der rechten Hemisphäre um die seitliche Hirnfurche (Fissura sylvii) angeordnet sind. Diese Hirnareale liegen weitgehend im Versorgungsgebiet der A. cerebri media.

Perisylvische Sprachareale

Der Perzeption und Produktion von Sprache liegen neuronale Strukturen zugrunde, die vorwiegend mit Hirnarealen assoziiert werden, die in der linken Hemisphäre um die seitliche Hirnfurche (Fissura sylvii) angeordnet sind. Diese Hirnareale liegen weitgehend im Versorgungsgebiet der A. cerebri media.

Perseveration

Wiederholung einer initial adäquaten oder inadäquaten motorischen oder sprachlichen Handlung oder von Teilen einer Handlung in unpassendem Kontext. Der Inhalt von Perseverationen ist anders als beim Automatismus nicht über längere Zeiträume (z. B. Tage) konstant.

Personifikationsanosognosie

→ Somatoparaphrenie.

Perzeptuelle Mehrdeutigkeit und Disambiguierung

Wenn ein Reiz verschiedene mögliche Interpretationen im Wahrnehmungsprozess hat und diese ungefähr gleich wahrscheinlich sind, sprechen wir von einem mehrdeutigen Reiz. Kippfiguren, wie z. B. der Necker-Würfel oder das bekannte Bild einer weißen Vase auf schwarzem Grund, das auch als zwei schwarze Gesichter auf weißem Grund gesehen werden kann, sind Beispiele mehrdeutiger Wahrnehmung. Mehrdeutige (ambige) Wahrnehmung kann oftmals durch zusätzliche Sinnesreize eindeutig gemacht werden, wie z.B. wenn in einem Necker-Würfel ein Stab eingeschoben wird, und es so klar ist, welche Seite des Würfels vorne ist. Dies nennen wir perzeptuelle Disambiguierung.

PET

→ Positronenemissionstomografie.

Phantomschmerz

Gravierende, andauernde Schmerzen nach Amputation von Gliedmaßen; können in Häufigkeit und Intensität zunehmen; sind durch „Bewegung“ des Phantoms in der Vorstellung auslösbar und unterscheiden sich von denjenigen im Stumpf. Phantomschmerz ist mit einer Verzerrung der kortikalen Karte der Körperrepräsentation verknüpft, die durch die Deafferenzierung ausgelöst worden ist.

Phonem

Kleinste lautliche Einheit der Sprache, die keine Bedeutung trägt, aber bedeutungsunterscheidend ist (z. B. Bein/Pein).

Phonematische Paraphasie

Lautliche Veränderung eines Wortes durch Substituierung, Auslassung, Umstellung oder Hinzufügung einzelner Laute.

Phonologie

Untersucht die Eigenschaften der bedeutungsunterscheidenden Sprachlaute (→ Phoneme) sowie die Regeln, die ihrer Kombination zugrunde liegen (→ Morphologie).

Phonologische Encodierung

In psycholinguistischen Modellen der Sprachproduktion bezeichnet dieser Begriff die Prozesse, die eine aus einem Langzeitspeicher abgerufene Wortform in einen durch die Sprechmuskulatur ausführbaren Code, also in ein Bewegungsprogramm, transformieren.

Photorezeptoren

Lichtempfindliche Sensoren in der Netzhaut des Auges, die Lichtenergie in nervöse Erregungen umwandeln. In der Netzhaut des Menschen gibt es Stäbchenphotorezeptoren, die wegen ihrer hohen Empfindlichkeit für das Dunkelsehen geeignet sind, und Zapfenphotorezeptoren, die für das Tagessehen wichtig sind. Es gibt drei verschiedene Klassen von Zapfen mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit, auf denen das Farbensehen beruht.

Plastizität

Der Begriff der neuronalen Plastizität beschreibt die Eigenschaft von Hirnarealen, Synapsen und Nervenzellen, ihre Eigenschaften in Abhängigkeit von äußeren oder inneren Einflüssen zu ändern. So kann sich beispielsweise die Rekrutierung unterschiedlicher Hirnareale für bestimmte Funktionen nach einer Hirnschädigung ändern (→ Reorganisation).

Positronenemissionstomografie (PET)

Nuklearmedizinische Technik, bei der mit Hilfe von radioaktiven Liganden der regionale zerebrale Blutfluss (rCBF) gemessen werden kann. Dieser erlaubt Rückschlüsse auf lokale Gehirnaktivität.

Präattentive Gruppierung

Gruppierung einer visuellen Szene in gemeinsame und getrennte perzeptuelle und funktionelle Gruppen, die der Stufe der Informationsverarbeitung vorausgeht, auf die sich Aufmerksamkeit bezieht.

Präfrontaler Kortex

Die vorderen Teile des Frontallappens, die nicht wie seine hinteren Teile (mit primärem Kortex und prämotorischem Kortex) der Motorik dienen.

Problem der Freiheitsgrade

Ein gegebenes Bewegungsziel kann durch eine Unzahl von Konfiguration des Armes bzw. anderer Effektoren unseres Körpers erreicht werden, Folge einer Vielzahl beteiligter Gelenke und Bewegungsmöglichkeiten in diesen Gelenken. Wie wird aus dieser großen Zahl von Möglichkeiten nun eine bestimmte selektiert? Das ist das Problem der Freiheitsgrade.  

Problem der inversen Dynamik

In der Newton’schen Mechanik werden die Bewegungen berechnet, die durch bekannte Kräfte ausgelöst werden. Die inverse Dynamik stellt umgekehrt die Frage, welche Kräfte erforderlich sind, um vorgegebene Bewegungsprofile zu realisieren. Ein Problem resultiert, weil die zu lösenden Gleichungen im Falle biologischer Systeme (z. B. Arm) äußert komplex sind und keine schnelle und präzise rechnerische Lösung erlauben.

Propriozeption

Über Sensoren (Propriorezeptoren oder kurz: Propriozeptoren) vermittelte Eigenwahrnehmung des Körpers. Diese in den Gelenken und Muskeln befindlichen Sensoren liefern dem Gehirn ständig Informationen über die Lage unseres Körpers im Raum, sodass wir auch bei geschlossenen Augen einen sehr guten Eindruck von unserer Körperposition, von der Position unserer Arme und Hände haben.

Prosodie

Akustische Eigenschaften von sprachlichen Einheiten, die größer sind als ein einzelner Laut, z. B. Betonungsmuster. Neben einer Abfolge von Konsonanten und Vokalen weisen lautsprachliche Äußerungen auch eine distinkte Intonation und einen distinkten Rhythmus auf. Diese sog. prosodischen Merkmale tragen zur Spezifizierung der linguistischen Struktur bei (linguistische Prosodie), z. B. Differenzierung von Aussage und Frage, vermitteln aber auch den stimmlichen Ausdruck der Befindlichkeit eines Sprechers (affektive/emotive Prosodie). Beeinträchtigungen der Expression oder Perzeption dieser Komponenten lautsprachlicher Äußerungen werden als Dys- oder Aprosodie bezeichnet.

Prosopagnosie

Durch Hirnschädigung bedingte Störung des Gesichtererkennens. Auch: Visuelle Agnosie des Gesichtererkennens

Protanopie

Genetisch bedingte Störung des Farbensehens, bei der ein Teil der Zapfen in der Netzhaut, die Rot-Zapfen, ausfallen. Es sind dann nur Grün- und Blau-Zapfen vorhanden. Es kann auch zu einer verringerten Anzahl an Rot-Zapfen kommen, die sich als Rot-Grün-Schwäche manifestiert und als Protanomalie bezeichnet wird.

Provozierte Konfabulationen

Fehlerhafte Produktionen aus dem Gedächtnis beim Versuch, Informationen detaillierter aus dem Gedächtnis abzurufen, als sie tatsächlich gespeichert sind. Sie kommen auch bei Gesunden vor.

Psychogene Amnesie

Eine Unterform der dissoziativen Störungen, bei der es – in der Regel ohne strukturell sichtbare Hirnschäden – zu einer Amnesie (oder präziser ausgedrückt: Blockade, weswegen man auch den Terminus mnestisches Blockadesyndrom eingeführt hat) vor allem im Bereich des autobiografischen Gedächtnisses kommt. In seltenen Fällen kann es auch zu anterograder Amnesie kommen. Mit funktioneller Hirnbildgebung (Glukose-PET) oder modernen, die Faserstrukturen betreffenden kernspintomografischen Verfahren lassen sich allerdings Hinweise auf Hirnveränderungen finden; ebenso mittels volumetrischer Messungen vor allem des Hippocampus. Ursachen werden in frühen, unzureichend verarbeiteten Stress- und Trauma-Erlebnissen gesehen. Die Heilungschancen sind sehr unterschiedlich.

Psycholinguistik

Als Teilbereich der Linguistik erforscht sie den Prozess des Spracherwerbs bei Kindern und die Sprachverarbeitung gesunder Sprachbenutzer unter Verwendung kognitionswissenschaftlicher Methoden wie z. B. Reaktionszeits- oder Blickbewegungsmessungen.

Pulvinar

Kernkomplex, der Teil des Thalamus ist und durch Beeinflussung der Aufmerksamkeitszuwendung zur visuellen Analyse beiträgt.

Pusher-Symptomatik

→ Pusher-Syndrom.

Pusher-Syndrom

Durch eine einseitige Hirnschädigung hervorgerufenes Verhalten, bei dem sich der Patient aktiv mit den nichtgelähmten Extremitäten zur Seite der → Hemiparese drückt. Die Kranken drücken sich häufig in eine solche laterale Neigung, dass sie zu dieser Seite fallen

Quantor

Sprachlicher Ausdruck (jeder, alle, einige, kein usw.) der angibt, wie viele Dinge einer bestimmten Art eine bestimmte Eigenschaft haben, z. B. „Alle Menschen sind sterblich“.

Räumlich-konstruktive Störung

Störung beim manuellen Zusammenfügen von einzelnen Elementen zu einer Gesamtfigur.

Räumlich-perzeptive Störung

Beeinträchtigung elementarer räumlicher Wahrnehmungsleistungen (z. B. Längen-, Distanz-, Positions-, Orientierungsschätzung).

Räumlich-topgrafische Störung

Störung der Navigation im Raum (vorgestellt oder real).

Reaktionsprogrammierung

Festlegen der Merkmale einer auszuführenden Bewegung und Kodierung in einem Handlungsplan.

Reaktionstypen, akute exogene

Für das Verständnis der Bewusstseinsstörungen wegweisende, 1910 formulierte Theorie Bonhoeffers, dass unterschiedliche Funktionsstörungen zu wenigen stereotypen psychopathologischen Ausprägungen akuter organischer Psychosyndrome führen.

Reaktionszeit (RT)

Zeit, die zwischen dem Beginn eines Startsignals und dem Beginn einer Bewegung, sprachlichen Äußerung etc. verstreicht. Indikator für die Information, die eine Person verarbeiten muss, um eine Bewegung zu initiieren.

Reine Geräuschagnosie

Durch Hirnschädigung bedingte Unfähigkeit, Geräusche zu erkennen, wohingegen gesprochene Sprache verstanden wird.

Reine Worttaubheit

Durch Hirnschädigung bedingte Unfähigkeit, gesprochene Sprache zu verstehen, wohingegen nichtverbale sinntragende Geräusche (z.B. Umweltgeräusche) erkannt werden. Das Sprachsystem kann dabei erhalten sein, sodass Spontansprache, Benennen, spontanes Schreiben und lautes Lesen möglich sind. Das Sprachverständnis, das Nachsprechen und das Schreiben nach Diktat sind jedoch schwer gestört.

Reiz-Reaktions-Kompatibilität

Ähnlichkeit zwischen den Merkmalen eines Reizes und den Merkmalen einer Bewegung. Üblicherweise ist die Reaktionszeit für kompatible Reaktionen (hohe Ähnlichkeit zwischen Reiz und Bewegung) kürzer als für inkompatible Reaktionen.

Reorganisation

Unter neuronaler Reorganisation auf Systemebene versteht man die veränderte Repräsentation von Hirnfunktionen, verursacht durch eine (fokale) Hirnschädigung. Die neuronale Reorganisation bezieht die Rekrutierung (homologer) Areale in der gesunden Hemisphäre, als auch periläsionaler Areale - d. h. im Grenzbereich des Infarktes lokalisierten Hirngewebes - mit ein. Grundlage der Reorganisation ist die neuronale → Plastizität.

Retrograde Amnesie

Unfähigkeit, schon abgespeichertes Material bewusst zu reaktivieren, also abzurufen.

Rezeptives Feld einer Nervenzelle

Bezeichnet den Bereich einer sensorischen Oberfläche (also z. B. der Netzhaut für das visuelle System und die Haut für das somatosensorische System), von dem aus Signale an die Nervenzelle weitergeleitet werden. So sind rezeptive Felder von Neuronen im primären visuellen Kortex, die nahe der Fovea centralis der Netzhaut liegen, ebenso wie rezeptive Felder von Neuronen im somatosensorischen Kortex, die auf den Fingerspitzen liegen, besonders klein.

Rindenblindheit

Blindheit, die durch Verletzungen oder Erkrankungen der primären Sehrinde (V1) verursacht wird. Die betroffenenen Personen sind dennoch in der Lage, bestimmte visuelle Aufgaben zu leisten, z. B. Navigation oder das Erkennen von Emotionen. Synonym: Kortikale Blindheit.

Röhrengesichtsfeld

Beidseitige homonyme Gesichtsfeldeinschränkung, bei der das Gesichtsfeldzentrum erhalten bleibt. Synonym: bilaterale homonyme Hemianopsie, Tunnelgesichtsfeld.

Rostral cingulate zone / anterior midcingulate cortex

Supracallosale Region des cingulären und paracingulären Kortex. Die rostral cingulate zone (RCZ) ist funktionell anhand von Bildgebungsstudien definiert und wird als das menschliche Homolog des rostralen cingulärmotorischen Areals (CMAr) des Affen angesehen. Anhand zytoarchitektonischer Besonderheiten lässt sich im cingulären (und parazingulären) Kortex der anterior midcingulate cortex (aMCC) abgrenzen, dessen Ausdehnung weitgehend mit der RCZ identisch ist. Diese Region ist u. a. maßgeblich an der Handlungsüberwachung beteiligt.

Rule-breaking

Nach Hirnschädigung auftretendes Auseinanderfallen der Fähigkeiten, Instruktionen zu verstehen und sie dann auszuführen. Die Instruktionen des Untersuchers werden verbal wiederholt, gleichzeitig wird jedoch den Instruktionen zuwiderlaufendes Verhalten gezeigt.

Sakkade

Schnelle, ballistische Augenbewegung zwischen zwei Fixationsphasen. Sakkaden bringen die Bilder von Objekten in der Peripherie in das zentrale Gesichtsfeld (Fovea centralis).

Sakkadische Suppression

Unterdrückung der bewussten Bewegungswahrnehmung während der Ausführung schneller Blicksprünge (Sakkaden).

Salienz

Beschreibt den Unterschied eines sensorischen Reizes zu seinem Umfeld. So ist ein hoch salienter visueller Reiz besonders unterschiedlich zu seinem Umfeld, wie z. B. ein roter Punkt vor einem Hintergrund grüner Punkte. Tiere versuchen durch Tarnung ihre Salienz zu verringern, um so zu vermeiden, von Raubtieren entdeckt zu werden.

Schielamblyopie

Kortikal bedingte Sehschwäche, die oft bei Schielern auftritt und mit herabgesetzter Sehschärfe und Störungen der Gestaltwahrnehmung einhergeht.

Schnappschussnavigation

Aufbauend auf 1932 durchgeführte Arbeiten von Tinbergen über das Ortsgedächtnis von Grabwespen entwickelten Cartwright und Collett (1982) ein quantitatives Modell für das visuell kontrollierte Auffinden von bekannten Orten bei Honigbienen. Dieses Modell beruht auf dem Vergleich eines bei einem früheren Besuch des Zielortes gespeicherten Bildes („Schnappschuss“) und dem aktuell sichtbaren Bild und liefert Ortserkennung und Anfahrtsrichtung. Indem hier Orte durch die an diesen Orten wahrnehmbaren Bilder ersetzt (oder richtiger repräsentiert) werden, wird ein nicht auf Koordinatensysteme angewiesenes Konzept des Ortsgedächtnisses möglich, das auch für die menschliche Raumkognition von großer Bedeutung ist.

Segmentierung

Perzeptive Unterteilung einer Szene in Bereiche, die eigenständige Bedeutung besitzen oder unterschiedlichen Objekten entsprechen.

Selektive Aufmerksamkeit

Gruppe neuronaler Mechanismen, durch die verhaltensrelevante Orte, Objekteigenschaften, Objekte oder Objektkategorien von irrelevanten visuellen Informationen herausgefiltert werden können. Selektive Aufmerksamkeitsprozesse drücken sich im Gehirn durch die Erhöhung neuronaler Antworten auf beachtete Reize, die Unterdrückung neuronaler Antworten auf unbeachtete Reize sowie die Steigerung von Hintergrundaktivität in der Erwartung eines Zielreizes aus.

Semantik

Lehre von der Bedeutung von Sprache, d. h. von Wörtern sowie von größeren Einheiten wie etwa ­Sätzen.

Semantische Paraphasie

Wortverwechslung, bei der das produzierte Wort eine bedeutungsmäßige Ähnlichkeit zum Zielwort hat oder grob davon abweicht.

Sensomotorische Rhythmen

Elektrische Aktivität des Gehirns im Alpha-Band über sensomotorischen Arealen. Desynchronisieren bei Bewegungsvorstellung und -ausführung. Können durch Neurofeedback unter willentliche Kontrolle gebracht und zur BCI-Steuerung verwendet werden.

Sensorisches Gedächtnis

Schnittstelle zwischen Wahrnehmung und Gedächtnis, bei der Information für sehr kurze Zeit (max. 500 ms) in einem reizspezifischen Format verfügbar ist. Bei visuell wahrgenommener Information spricht man daher auch von ikonischem Gedächtnis, bei akustisch wahrgenommener Information von Echogedächtnis.

Simultanagnosie

Durch eine (meist beidseitige) Hirnschädigung hervorgerufene Schwierigkeit, mehr als ein Objekt oder mehr als ein Detail eines einzelnen, komplex zusammengesetzten Objekts gleichzeitig wahrzunehmen.

Skotom

→ Gesichtsfeldausfall.

SNARC-Effekt

Spatial-Numerical Association of Response Codes; bei (einstelligen) Zahlen fällt die Entscheidung über die Parität einer Zahl für die relativ kleineren Zahlen schneller mit der linken Hand und für die relativ größeren Zahlen schneller mit der rechten Hand.

Somatoparaphrenie

Verkennung der Zugehörigkeit eines Körperteils zum eigenen Selbst. Patienten mit einer Anosognosie der Halbseitenlähmung (→ Anosognosie) können überzeugt sein, dass die eigene, betroffene Extremität nicht zu ihnen gehört und ordnen sie einer anderen Person (Untersucher, Lebenspartner etc.) zu.

Spatialer Neglect

Nur noch selten gebräuchlicher Ausdruck für einen → Neglect.

Speed-accuracy trade-off

Bezeichnung für die gegenläufige Beziehung zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit bei der Bewegungsausführung. Je genauer man eine Bewegung ausführt, desto langsamer wird man. Je schneller man eine Bewegung ausführt, desto ungenauer wird man.

Spiegelbewegungen

Unwillkürliche Mitbewegungen der jeweils anderen Hand bei willkürlichen Bewegungen einer Hand.

Spiegelneurone

Neurone (u. a. in der prämotorischen Area F5), die gleichermaßen entladen, wenn das Subjekt eine bestimmte Bewegung ausführt und wenn das Subjekt sieht, dass ein anderer dieselbe Bewegung ausführt.

Spontane Konfabulationen

Konfabulationen, die auf einer Realitätsverwechslung beruhen und die sich in Handlungen (entsprechend den Konfabulationen), Desorientiertheit und Amnesie äußern. Dieses Syndrom enstpricht der ursprünglichen Definition des Korsakoff-Syndroms.

Sprachliche Automatismen

Nicht kommunikationsadäquate Produktion stereotypen sprachlichen Materials bei globaler Aphasie.

Sprachnetzwerk

Moderne Theorien gehen davon aus, dass verschiedene Sprachfunktionen in unterschiedlichen neuronalen Netzwerken organisiert sind, die miteinander interagieren und ein hohes kompensatorisches Potenzial aufweisen.

Sprachverarbeitungsmodell

Modelle der Wort- und Satzverarbeitung werden in der modernen Psycholinguistik für das auditive und schriftliche Verständnis sowie für die mündliche und schriftliche Produktion entwickelt und in der Neurolinguistik anhand von sprachlichen Störungsmustern überprüft.

Sprechapraxie

Durch eine Schädigung sprechmotorischer Zentren der sprachdominanten Hemisphäre verursachte Störung der Planung oder Programmierung von Sprechbewegungen. Im Unterschied zu den ? Dysarthrien ist das Störungsbild durch eine hohe Variabilität der Symptomatik gekennzeichnet. Patienten mit Sprechapraxie haben meist zusätzlich eine Aphasie.

Stereopsis

Räumliches Sehen/Tiefensehen, das auf der Auswertung der visuellen Signale beider Augen basiert.

Stereoptische Disparität

Disparität und horizontale Disparität/Querdisparität werden oft synonym gebraucht. Der (horizontale) Abstand zwischen den retinalen Orten der beiden Augen, auf welche die zwei Bilder eines Objekts projiziert werden. Retinale Disparität stellt ein wichtiges Maß für räumliche Tiefe dar.

Stroop-Effekt

Der Stroop-Effekt ist ein Beispiel einer Interferenz zwischen zwei Leistungen. Probanden haben die Aufgabe, z. B. die Farbe, in der ein Wort geschrieben wird, zu identifizieren. Steht sie im Widerspruch zum Wortinhalt (z. B. das Wort „grün“ rot geschrieben), so resultieren verlängerte Reaktionszeiten. 

Subjektive Hauptraumachsen

Oberbegriff für die subjektive Vertikale und Horizontale (in der visuellen oder taktilen Modalität). Darunter wird die Fähigkeit zur subjektiven Einschätzung einer Leuchtlinie (visuell) oder eines Stabes (taktil) in die vertikale oder horizontale Orientierung verstanden. Die Abweichungen in diesen subjektiven Einstellungen von den objektiv richtigen (90°, 180°) Einstellungen wird als Maß für die Leistung verwendet.

Subliminale Wahrnehmung

Verarbeitung von Sinneseindrücken unterhalb der Schwelle zum Bewusstsein.

Subtotale Dyslexien

Formen einer Störung beim Lesen, die nicht das Lesen als Ganzes betreffen, sondern bedingt durch eine spezifische Störung einer Komponente oder Route im Lesemodell zu einem partiellen Leseausfall führen.

Superiorer Colliculus

Oberer Teil der Vierhügelregion im Dach des Mittelhirns. Entwicklungsgeschichtlich alte Struktur, die wesentliche Grundlage unserer Fähigkeit ist, uns neu im peripersonalen Raum erscheinenden Objekten zuzuwenden, um uns rasch über deren Bedeutung informieren zu können.

Supervisory Attentional System (SAS)

Bestandteil des von Shallice und Norman entwickelten Modells der Informationsverarbeitung. Das SAS bezeichnet ein generelles und hierarchisch übergeordnetes Planungsprogramm, das immer dann aktiviert wird, wenn für ein bestimmtes Problem keine bekannte Lösung bzw. kein geeignetes Schema vorhanden ist. In diesem Fall übernimmt das SAS die Steuerung der Handlungen.

Synchronisation

Zeitlicher Gleichtakt in der neuronalen Aktivität, der durch die Kopplung in neuronalen Netzen entsteht.

Syntax

Gesamtheit der grammatikalischen Regeln, nach denen Sätze gebildet werden.

Thalamus

(Wörtlich: innere Kammer, Schlafgemach) Zentrales Kerngebiet des Dienzephalons. Er besteht aus zwei taubeneigroßen Kerngebieten, die beidseitig im Gehirn angelegt sind. Er bildet die Umschaltstation fast aller sensorischen Afferenzen, bevor sie in den Kortex weitergeleitet werden.

Theorie der gesteuerten Suche (GS)

Die Theorie der gesteuerten Suche erklärt die Ergebnisse von Merkmals- und Konjunktionssuchen durch die Annahme von dimensionsbasierten Salienzaktivierungen, die in eine Gesamtsalienzrepräsentation integriert werden. Fokale Aufmerksamkeit wird dem Ort mit der höchsten Salienz zugewiesen. In Merkmalssuchen wird Aufmerksamkeit unmittelbar an den einzigen Ort mit einem hohen Salienzsignal gelenkt; den Ort, an dem sich (in Zielreiz-anwesend-Durchgängen) der Zielreiz befindet. In Merkmalskonjunktionssuchen müssen u. U. mehrere „Kandidatenorte“ mit hoher Salienz seriell verarbeitet werden, bevor der Zielreiz gefunden wird.

Theory of mind

Fähigkeit, den mentalen Zustand einer anderen Person einzuschätzen und zu verstehen.

TMS

→ Transkranielle Magnetstimulation.

Top-Down-Prozesse

Kognitive Prozesse, die die Verarbeitung neuer Informationen beeinflussen; hierzu zählen beispielsweise Aufmerksamkeit, Motivation oder Abgleich mit Gedächtnisinhalten. So bewirkt z. B. die Ausrichtung von Aufmerksamkeit oft eine erhöhte Aktivierung kortikaler Neurone.

Tracer

1. Tracer (vom englischen „to trace“ = ausfindig machen). Zur Darstellung der Gehirndurchblutung, der Aufnahme eines bestimmten Stoffes in eine Nervenzelle oder z. B. der Darstellung der Dopaminausschüttung bei komplexen kognitiven Aufgaben werden chemisch veränderte Formen eines natürlich vorkommenden Stoffes (z. B. Glukose oder Wasser) eingesetzt. Die Glukose oder das Wasser werden mit einer leicht radioaktiven Substanz gekoppelt. Diese Moleküle verteilen sich im Körper wie normale Glukose oder Wasser und zerfallen nach kurzer Zeit unter Freisetzung eines Positrons. Diesen Vorgang kann man in einem speziellen Untersuchungsgerät sichtbar machen (→ Positronenemissionstomografie, PET). 2. Anatomische Tracer. Auf das Tierexperiment beschränkte Substanzen (Farbstoffe, Enzyme usw.), die die Darstellungen neuronaler Verbindungen mit höchster Auflösung erlauben. Aufnahme durch Axonterminalien und Transport zum Zellkörper (retrogrades Tracing) oder umgekehrt Aufnahme durch den Zellkörper und Transport in Richtung Axonterminalien (anterograd). Die meisten anatomischen Tracer sind nicht in der Lage, Synapsen zu passieren. Eine wichtige Ausnahme stellen verschiedene Viren dar, die transsynaptisch transportiert werden und die Darstellung polysynaptischer Verbindungen erlauben.

Tractus corticospinalis

Monosynaptische motorische Projektionsbahn. Von Betz’schen Riesenzellen im Gyrus praecentralis und Sulcus centralis entspringen Axone, die direkt auf Alphamotoneurone im Vorderhorn des Rückenmarks projizieren.

Transitivismus

Projektion eigener Defizite auf andere Personen oder Trugbilder.

Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)

Ein Verfahren zur nichtinvasiven Hirnstimulation basierend auf der Applikation von schwachem Gleichstrom.

Transkranielle Magnetstimulation (TMS)

Ein Verfahren zur nichtinvasiven Hirnstimulation basierend auf der Applikation von starken, kurzanhaltenden magnetischen Feldern. Durch einen sehr hohen Strom in einer geeigneten Spule wird kurzzeitig ein starkes Magnetfeld erzeugt, wodurch ein geringer Strom an der Gehirnoberfläche induziert wird, der wiederum zu einer Reizung von Neuronenverbänden auf der Kortexoberfläche führt.

Transneuronale retinale Degeneration

Eine Läsion der primären Sehrinde verursacht eine absteigende Degeneration, die über das Corpus geniculatum laterale hinaus die Ganglienzellen der Netzhaut angreift.

Tuningkurven

Die Funktion, die das Aktivitätsniveau sensorischer Neurone in Abhängigkeit eines Stimulusparameters (wie z. B. Orientierung eines visuellen Stimulus oder Frequenz eines auditorischen Reizes) ausdrückt.

Unsichtbarer Doppelgänger

"Auch als ""Gefühl der Anwesenheit"" bezeichnete amodale Halluzination einer Wesenheit im Körperaußenraum"

Variabler Fehler

→ Fehlermaße zur Erfassung von Bewegungen.

Vektion

Gefühl einer Eigenbewegung, das durch großflächige Bewegungsreize ausgelöst wird.

Ventraler Pfad

Kortikaler Verarbeitungspfad visueller Information, der in der primären Sehrinde beginnt und sich in den Temporalkortex erstreckt. Es werden vor allem die Objekteigenschaften eines visuellen Reizes verarbeitet (Was-System).

Verwirrtheit(szustand)

→ Delir und → Reaktionstypen.

Vestibulär

Den Gleichgewichtssinn betreffend.

Vigilanz

Beschreibt den Grad des allgemeinen „Wachheitszustands“ einer Person. Wird im Wesentlichen durch das Aktivitätsniveau der Formatio reticularis im Hirnstamm bestimmt.

Virtuelle Realität

Kernstück einer virtuellen Umgebung ist ein Weltmodell, aus dem in einem Computer Bilder, Schallereignisse, oder andere Reize berechnet werden können, die von einer Versuchsperson unter bestimmten Bedingungen aufgenommen werden können. Man misst dann die Bewegungen der Versuchsperson (Tracking) und spielt ihr mittels geeigneter Schnittstellen (Datenbrille, Datenhandschuh, Bewegungsplattform etc.) für jede Position und Orientierung ihrer Sinnesorgane die entsprechenden Sinnesreize zu. Durch die virtuelle Realität kann der Kreislauf von Wahrnehmung und Verhalten geöffnet und in anderer, kontrollierter Weise wieder zusammengefügt werden.

Visuelle Dominanz

Bei Redundanz multimodaler Sinneseindrücke dominiert oft der Sehsinn die integrierte Größeneinschätzung (zumindest bei räumlicher Wahrnehmung). Grund ist die Präzision der visuellen Sinneseindrücke, die für räumliche Eindrücke oftmals besser ist als die der anderen Modalitäten.

Visuelle Flussfelder

Die Gesamtheit der durch Relativbewegungen zwischen den Objekten der Umwelt und dem Organismus entstehenden retinalen Bildverschiebungen. Bewegt man sich durch eine strukturierte Umwelt, so entsteht auf der Netzhaut ein charakteristisches Muster von Eigenbewegungen. Bei Translationen verlaufen die Objektbewegungen auf Linien, die aus einem sog. Expansionspunkt entspringen. Die Bewegung des Beobachters ist auf diesen Expansionpunkt gerichtet. Bei Rotationsbewegungen ist die Interpretation etwaiger Expansionspunkte schwieriger. Der optische Fluss spielt für die Schätzung der Eigenbewegung und auch für die Tiefenwahrnehmung eine große Rolle.

Visuelle Suche

Experimentelles Vorgehen, bei dem Probanden eine (variable) Zahl an Distraktorstimuli präsentiert wird, unter denen sich (meist in der Hälfte der Durchgänge) ein Zielreiz befindet, der sich von den Distraktoren durch ein einzigartiges Merkmal oder eine einzigartige Merkmalskonjunktion unterscheidet. Aufgabe der Probanden ist es, die An- bzw. Abwesenheit des Zielreizes durch das Drücken einer von zwei Tasten so schnell und so genau wie möglich zu indizieren.

Vorwärtsmodell

Begriff aus der Regelungstechnik. Regelkreise versuchen den „Istwert“ des Systems einem „Sollwert“ anzunähern. Nötige Anpassungen erfordern den Vergleich des Istwertes mit dem Sollwert. In vielen Regelkreisen wird der aktuelle Istwert nur mit erheblicher Verzögerung verfügbar, was eine effiziente Regelung unmöglich macht. Vorwärtsmodelle lösen das Problem der Verspätung des Istwertes, indem sie ihn durch eine zeitnahe Schätzung des zu erwartenden Istwertes ersetzen.

Voxel

Abkürzung für „Volumenelement“; bezeichnet den kleinsten definierbaren Punkt innerhalb eines Volumens. Der Begriff setzt sich zusammen aus den Wörtern „volume“ und „pixel“ (= kleinster Bestandteil eines zweidimensionalen digitalen Bildes) und beschreibt so das dreidimensionale Äquivalent eines Pixels. Bei einem räumlichen Datensatz, wie z. B. einem kernspintomografischen Datensatz von einem Gehirn, bezeichnet Voxel den diskreten Wert an einer XYZ-Koordinate des Datensatzes.

Voxel-basierte Läsionsanalyse (VLBM)

Methode zur Analyse der Auswirkung von Läsionslokalisationen auf eine Verhaltensvariable. Das Softwarepaket MRIcron (www.mricro.com) bietet zwei Klassen von voxelbasierten statistischen Analysen: solche für dichotome (z. B. Hemianopsie vorhanden bzw. nicht vorhanden) und solche für kontinuierliche (z. B. Anzahl erinnerter Items in einem Gedächtnistest etc.) Verhaltensvariablen. So erhält man eine Signifikanzkarte für das gesamte Gehirn, die es erlaubt, Unterschiede in der Läsionslokalisation zwischen Patienten mit unterschiedlichen Ausprägungen/Störungsgraden in der interessierenden Verhaltensvariable zu ermitteln.

Voxel-based lesion symptom mapping (VLSM)

→ Voxel-basierte Läsionsanalyse (VLBM)

Voxel-basierte Morphometrie (VBM)

Methode zum Vergleich der Gehirnstruktur basierend auf hochauflösenden Kernspintomografiebildern. Mit dieser Methode können geringe strukturelle Unterschiede, z. B. zwischen verschiedenen Probanden- oder Patientengruppen, untersucht werden (→ Morphometrie).

Wegintegration

Ein einfacher Mechanismus der Navigation besteht darin, Eigenbewegungen zu messen (z. B. aus dem → optischen Fluss, aus vestibulären Signalen oder aus der → Proprizeption) und diese Eigenbewegung über einen Weg aufzuintegrieren. Ergebnis ist eine Schätzung der Position des Ausgangspunkts relativ zum aktuellen Standpunkt. Im Heimvektormodell nimmt man an, dass nur das Ergebnis der Integration gespeichert wird. Alternativ könnte der zurückgelegte Weg z. B. als Bewegungsprogramm gespeichert sein und daraus bei Bedarf der Vektor zu einem Zielpunkt bestimmt werden.

Working Memory

→ Arbeitsgedächtnis

Wortfindungsstörung

Stocken im Redefluss aufgrund einer mangelnden Verfügbarkeit bzw. reduzierten Abrufbarkeit des intendierten Wortes. Es kommt zu Ersatzstrategien: lange Pausen, Ausweichen in inhaltsarme Redefloskeln, perseveratorische Wiederholungen von gerade gebrauchten Wörtern, Fortführen des Themas in variierter Form, Ausweichen in Pantomime, Gestik und Mimik.

Worttaubheit

→ Reine Worttaubheit

Zentralskotom

Homonymer Verlust der Sehfähigkeit im Gesichtsfeldzentrum, mit Einbuße an Sehschärfe und exzentrischer Fixation.

Zerebelläre Ataxie

Störung der motorischen Koordination, hervorgerufen durch eine Schädigung des Kleinhirns oder seiner Verbindungsbahnen.

Zerebrale Blindheit

Teilweiser oder vollständiger Verlust der Sehfähigkeit nach postchiasmatischer Schädigung. Der teilweise Verlust bezieht sich auf das Ausmaß des homonymen ein- oder beidseitigen Gesichtsfeldverlusts bzw. auf die Selektivität der Sehstörung (z. B. Farb- oder Bewegungssehen).

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